Das unsichtbare Bücherregal und die Gebrauchsanweisung

Unsichtbares Bücherregal

Unlängst habe ich auf Facebook ein "unsichtbares Bücherregal" entdeckt. Dabei handelt es sich um einen breiten, rechtwinkeligen Haken, den man an die Wand schraubt, um anschließend Bücher darauf zu stapeln.

 

Das Besondere daran ist, dass die Bücher den Haken verdecken – es scheint, als würden die Bücher von allein an der Wand haften bzw. vor der Wand schweben. Ich war begeistert!

Wenig später habe ich dann solche Haken zufällig in einem großen Wiener Einrichtungshaus gesehen – und natürlich zugeschlagen. Erstaunt war ich, als ich zu Hause in der Gebrauchsanweisung las: "Wir empfehlen, direkt in einen Fachwerkbalken zu schrauben." 

unsichtbares bücherregal

 Ähhh??? Fachwerkbalken bzw. -häuser haben wir hier in Wien leider nicht ... Die Wand, an der der Haken befestigt werden sollte, war eine solide Ziegelwand. Und prompt war auch das beiliegende Montagematerial, nämlich zwei Schrauben, nicht ausreichend. Ohne Dübel  und natürlich eine Bohrmaschine – war es aussichtslos, den Haken (der laut Hersteller ein Gewicht von bis zu 6,8 kg in einer Stapelhöhe von max. 41 cm tragen sollte) an der Wand zu befestigen!

Was zunächst einfach aussah, wurde rasch zu einer größeren Aktion, und meine Freude schwand. Ich musste mir erst die passenden Dübel besorgen und einen Bohrer ausborgen. An eine rasche Montage war nicht zu denken.

Inzwischen ist es aber geschafft! Der Haken ist stabil an der Wand befestigt, und das Regal mit den Büchern sieht gut aus. Insgesamt finde ich die ganze Geschichte aber ärgerlich. Wie ist es zu der eigenartigen Gebrauchsanweisung gekommen? Der Hersteller ist eine amerikanische Firma, und vermutlich handelt es sich um einen Übersetzungsfehler.  

Erstaunt war ich übrigens auch, als ich vor einiger Zeit ein Antibiotikum nehmen musste und zum Thema "Anwendung bei Kindern" in der Gebrauchsanweisung las: "Antibiotika dieser Klasse können bei nicht ausgewachsenen Tieren Gelenkerkrankungen verursachen."

Beide Beispiele zeigen, wie wichtig es ist, Texte sorgfältig zu prüfen, bevor sie in Druck gehen  und eben nicht nur auf Rechtschreib- und Grammatikfehler, sondern auch auf den Inhalt. Am besten lässt man immer auch Kolleginnen und Kollegen den Text lesen. Bei Gebrauchsanweisungen sollte der Hersteller potenzielle Kundinnen und Kunden den Text vorab zum Lesen geben und anschließend das Textverständnis abfragen. Und übersetzte Texte sollten unbedingt von einem Native Speaker gegengelesen werden. Dann kann nichts passieren! 


PS: Falls Sie – trotz der hier beschriebenen Widrigkeiten – Lust bekommen haben, sich auch so ein Regal zuzulegen, dann suchen Sie am besten im Internet nach einem "schwebenden" bzw. "unsichtbaren Bücherregal". Sie werden verschiedene Modelle finden, wobei letztendlich bestimmt Ihre Bücher "schweben", nicht das Regal ...

Abbildungsnachweis:

Huberta Weigl

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