Günstige Preise im Lektorat

Schnell und günstig – das wünschen sich viele Kundinnen und Kunden von einem Lektorat. Was aber ist realistisch?

Hier ein paar offene Worte zum Thema günstiges Lektorat binnen kürzester Zeit!

Hinweis: Dieser Artikel ist erstmals im Jänner 2021 erschienen und wurde im Oktober 2025 aktualisiert.

Laptop vor einer weißen Wand mit einem Sparschwein. Text: Was bedeutet ein günstiger Preis im Lektorat

 

Wie viel darf ein Lektorat kosten? Was ist ein billiges Lektorat? Wie günstig darf ein Lektorat sein? Und wie schnell kann es erledigt sein?

 

Fragen wie diese beschäftigen in diversen Facebookgruppen sowohl Lektorinnen als auch Auftraggeber. Manche Lektoren verkünden dort stolz, dass bei ihnen ein Korrektorat nur 1,80 Euro und ein Lektorat nur 2,50 Euro pro Seite kostet. (Was genau eine Seite im Lektorat meint, dazu gleich mehr.)

 

Andere wiederum bewerben ihr 24-Stunden-Expresslektorat.

 

Okay, das ist der Stand der Branche. Dazu hier nun mal ein paar offene Worte.

Der Kampf um Kunden über den Preis

Eigenwerbung mit sehr niedrigen Ab-Preisen ist keine Seltenheit in Facebookgruppen, in denen sich Lektorinnen und vor allem Selfpublisher, aber auch Studierende tummeln. Und immer wieder schlagen die Wogen seitens mancher Lektoren hoch, wenn von derart niedrigen Preisen die Rede ist.

Was also ist von solchen Preisen zu halten? Wie billig darf ein Lektorat sein? Was sagt ein günstiger Preis über die Qualität des Lektorats aus? Um Fragen wie diese soll es im Folgenden gehen, und zwar aus der Sicht einer Unternehmerin, die seit inzwischen dreizehn Jahren Lektorat anbietet, unterstützt von zwei erfahrenen Lektorinnen.

Leistungsumfang: Korrektorat oder Lektorat?

Bevor ich auf die Preise zu sprechen komme, möchte ich zunächst einmal deutlich machen, dass Lektorat und Korrektorat unterschiedlich definiert werden.

In der Schreibwerkstatt bieten wir sowohl ein Korrektorat als auch ein Lektorat an. Bei einem Korrektorat korrigieren wir Rechtschreibung, Grammatik und Zeichensetzung, achten auf einheitliche Schreibweisen sowie korrektes Gendern und machen (sofern es sich um ein druckfertiges PDF handelt) eine Layoutkontrolle. Bei einem Korrektorat polieren wir den Text nicht stilistisch.

 

Ein Lektorat beinhaltet bei uns immer ein Korrektorat. Zusätzlich zu den angeführten Punkten überarbeiten wir bei einem Lektorat den Text auch stilistisch, kürzen also Mammutsätze, entwirren Schachtelsätze etc. und greifen, sofern es sich nicht um eine Uni-Arbeit (Bachelorarbeit, Masterarbeit, Dissertation) handelt, nach Rücksprache auch inhaltlich in den Aufbau ein.

Mit unserer Definition von „Korrektorat“ und „Lektorat“ sind wir nicht allein, allerdings gibt es, vor allem im Literaturbereich, auch Anbieter, die unter einem Lektorat ausschließlich eine stilistische sowie inhaltliche Überarbeitung des Textes verstehen. Manche von ihnen sind sogar der Meinung, dass ein und dieselbe Person gar nicht beides, also Lektorat und Korrektorat, leisten könnte, und sehen sich von daher auch entweder als Lektor oder als Korrektorin.

Die Normseite als Bezugsgröße für die Kalkulation

Laptop vor einer weißen Wand mit einem blauen Sparschwein

Lektorinnen und Korrektoren benötigen eine Bezugsgröße, wenn sie einen Preis für eine bestimmte Textmenge anbieten. Sie kalkulieren deshalb auf der Basis von Normseiten, wobei deren Definition variiert. Bei uns entspricht eine Normseite 1500 Zeichen inkl. Leerzeichen, bei anderen umfasst eine Normseite 1600 oder auch 1800 Zeichen inkl. Leerzeichen.

Manche legen auch Angebote auf der Basis einer Stundenschätzung. Das ist sinnvoll, wenn es um die Korrektur eines PDFs geht und sich die Zeichenzahl nicht oder nur schwer ermitteln lässt. Am Ende läuft es auf dasselbe hinaus, denn auch einer Kalkulation auf Basis von Normseiten sollte zumindest gedanklich eine klare Vorstellung des Stundensatzes zugrunde liegen – die Betonung liegt auf „sollte“, denn die Realität sieht anders aus.

 

Kommen wir aber nun zu der Frage, die die Gemüter in der Facebookgruppe erhitzt hat:

Darf ein Korrektorat oder Lektorat zwei Euro pro Normseite kosten?

Natürlich! Jede Lektorin und jeder Lektor ist in der Preisgestaltung frei. Also, auch wenn die Meinungen in der Facebookgruppe dazu variierten, ist klar: Jede/-r hat auch das Recht, zu niedrigen Preisen zu arbeiten.

Die Voraussetzungen, um zu niedrigen Preisen arbeiten zu können

Wer freilich zu ungewöhnlich niedrigen Preisen arbeitet, ist entweder nicht auf dieses Einkommen angewiesen oder ein Neuling und hofft, über sehr günstige Honorare den Einstieg in den Markt zu finden. Meiner Meinung nach keine gute Idee!

Es gibt nebenberufliche Lektorinnen und Lektoren ...

Manche Lektoren bessern über ihre Arbeit die Haushaltskasse ein wenig auf oder studieren und möchten ein Zusatzeinkommen erwirtschaften. Vor diesem Hintergrund können sie natürlich niedrigere Honorare anbieten als jemand, der ein volles Gehalt stemmen muss.

 

Da die nebenberuflichen Lektorinnen einen geringen Umsatz haben, sind sie nicht umsatzsteuerpflichtig und zahlen auch weniger oder gar keine Einkommenssteuer.

Österreich (Stand: 2025)

In Österreich (und in Deutschland ist es nicht viel anders)

  • besteht ab einem Jahresumsatz von 55 000 Euro Umsatzsteuerpflicht. Bei einem niedrigeren Umsatz kann man selbst entscheiden, ob man die Umsatzsteuer einführt oder nicht. Meine Schreibwerkstatt ist umsatzsteuerpflichtig.
  • sind die ersten 13 308 Euro pro Jahr einkommenssteuerfrei. Darüber hinaus beträgt die Einkommenssteuer mindestens zwanzig Prozent.
  • besteht Sozialversicherungspflicht. Pflichtversicherung beginnt, wenn die Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit die sogenannte Versicherungsgrenze übersteigen. Für 2025 liegt diese Grenze bei 6613,20 Euro jährlich. Wer diese Grenzen überschreitet, muss auch Sozialversicherungsabgaben (Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung) in Höhe von rund 25 Prozent vom Gewinn zahlen. Ist das aus Sicht von Lektoren gut oder schlecht? Das kommt auf deren Lebenssituation an. Für mein Team und mich ist es wichtig, kranken-, unfall- und pensionsversichert zu sein.

... und es gibt hauptberufliche Lektorinnen und Lektoren

Wer hauptberuflich vom Korrekturlesen leben will, tut gut daran, seine Selbstständigkeit einmal durchzurechnen (Anleitungen dazu gibt es unter dem Schlagwort „Businessplan“ im Web jede Menge). Im ersten Schritt ist es dabei sinnvoll, einmal die Lebenshaltungskosten auszurechnen.

Also, wie viel Geld muss ich pro Monat zahlen, um mich und/oder meine Familie erhalten zu können? Möchte ich auch auf Urlaub fahren? Wenn ja, wie viel Geld benötige ich dafür? Wie viel Geld möchte ich für den Notfall ansparen? Wer selbstständig ist, hat in der Regel kein Sicherheitsnetz. Wenn man krank ist oder einen Unfall hat und nicht arbeiten kann, wird man, anders als Angestellte, nicht vom Staat aufgefangen.

 

Ausgehend von den Kosten kann man sich mit der Stundensatzkalkulation befassen. Dabei ist zunächst einmal zu klären, wie hoch die verrechenbaren und die nicht verrechenbaren Stunden sind. Nicht verrechenbare Stunden sind Stunden, denen nicht eins zu eins ein Einkommen gegenübersteht. In der Zeit etwa, in der ich diesen Blogartikel schreibe, verdiene ich nichts. Der Zeit, die ich investiere, steht kein Einkommen gegenüber. Das ist auch bei meinen übrigen Marketingaktivitäten so (Website pflegen, Newsletter schreiben, Facebookseite und Instagram-Account betreuen sowie neuerdings einen Podcast bespielen), aber auch beim Erledigen der Buchhaltung, beim Netzwerken etc.

 

Von vierzig Arbeitsstunden pro Woche sind bei Selbstständigen also selbst bei voller Auslastung längst nicht alle verrechenbar. Oder anders gesagt: Wenn ich vierzig Stunden arbeite, verdiene ich nicht für vierzig Stunden Geld. Im verrechneten Stundensatz müssen also immer auch die nicht verrechenbaren Stunden inkludiert sein.

 

Das bedeutet: Wer Lektorieren als Beruf betrachtet, sollte einmal durchrechnen und herausfinden, wie hoch der Stundensatz sein muss, um davon leben zu können. Wer das nicht macht, verschließt die Augen vor der Realität und wird mit seiner Arbeit finanziell nie auf einen grünen Zweig kommen.

Stundensätze und Seitenpreise im Lektorat

Laptop vor einer weißen Wand mit einem gelben Sparschwein

Wer rechnet, wird rasch feststellen, dass er, sofern er von seiner Arbeit leben will, bei einem Stundensatz vor Steuer und Sozialversicherungsabgaben von mindestens 40 Euro landet.

Was bedeutet das nun für den Preis pro Normseite? Eine Normseite umfasst zwischen 1500 und 1800 Zeichen inkl. Leerzeichen. Abhängig von der Definition der Textmenge pro Normseite und der Qualität des Textes kann eine Lektorin oder ein Lektor selten mehr als zehn bis zwölf Normseiten pro Stunde lesen.

 

Wenn nun der Normseitenpreis, sagen wir mal, zwei Euro beträgt und der Korrekturaufwand niedrig ist, verdient die Lektorin oder der Lektor also maximal 24 Euro pro Stunde.

 

In Österreich bleiben davon nach Steuer und Sozialversicherungsabgaben ungefähr zwölf bis vierzehn Euro pro Stunde – und das ist zu wenig, um davon einigermaßen leben zu können. Siehe dazu auch die Hinweise von Mathias Stolarz, der Lektor ist und auf dessen Website du detaillierte Rechenbeispiele findest (Leseempfehlung!).

Unsere Preise (Stand: November 2025)

Wir arbeiten zu einem Stundensatz von 86 Euro zuzüglich 20 % USt.

  

Korrektorat in Word

ca. 8 EUR netto bzw. 9,60 EUR brutto pro 1500 Zeichen inkl. Leerzeichen

 

Lektorat in Word

ca. 10 EUR netto bzw. 12 EUR brutto pro 1500 Zeichen inkl. Leerzeichen

 

Belletristik-Lektorat in Word inkl. Textfeedback

ca. 11 EUR netto bzw. 13,20 EUR brutto pro 1500 Zeichen inkl. Leerzeichen

  

Unsere Honorare sind nicht günstig. Meine Lektorinnen sind Profis, liefern Qualität, und das hat seinen Preis. Wir machen auch kein Geheimnis um unsere Preise, sondern kommunizieren sie ganz klar auf der Website.


Was bedeutet das alles nun für dich als Kundin oder Kunde?

Ist ein günstiges Lektorat schlechter?

Die Erfahrung der Profis

Schau dir an, mit wem du zusammenarbeiten möchtest, und überlege, ob die Erfahrung der Lektorin oder des Lektors für dich eine Rolle spielt.

Die Qualität des Lektorats

Hab im Auge, dass ein günstiger Preis ein Hinweis auf die Erfahrung und damit auch die Qualität sein kann. Wer nebenberuflich lektoriert, hat möglicherweise weniger Erfahrung als jemand, der das hauptberuflich macht. Für den Beruf der Lektorin oder des Lektors gibt es keine gezielte Ausbildung und auch keine Zulassungsbeschränkungen. Jede/-r kann sich als Lektor/-in bezeichnen und Dienstleistungen anbieten. Wer nebenberuflich lektoriert, hat manchmal übrigens auch weniger Zeit, weil sie/er noch einen Brotberuf hat. Das kann bedeuten, dass das Lektorat länger dauert.

Die Auftragslage

Hab im Auge, dass die Auftragslage mancher Lektorinnen und Lektoren sehr schlecht ist. Sie arbeiten deshalb zu niedrigen Preisen, und um dann trotzdem halbwegs ein Einkommen zu erwirtschaften, arbeiten sie auf Tempo. Das wiederum hat in der Regel Einfluss auf die Qualität. Ein gutes Lektorat braucht Zeit, und wer präzise arbeitet, wird den Text auch mindestens zweimal lesen.

 

Eine schlechte Auftragslage und die damit verbundene existenzielle Not können übrigens auch dazu führen, dass Lektoren schlichtweg jeden Auftrag annehmen, also auch Textsorten lesen, für die sie eigentlich nicht die notwendige Kompetenz mitbringen. So braucht es etwa spezielle Kompetenzen, wenn man wissenschaftliche Arbeiten (Bachelorarbeit, Masterarbeit bzw. Diplomarbeit, Dissertation) lektoriert; nicht anders ist es beim Lektorat eines Romans, wo es um Plot, Erzählhaltung, Figurengestaltung, Schauplätze, Tempusformen und vieles andere geht.

Erwartungen an das Lektorat

Überlege dir vorab genau, was du dir erwartest. Geht es um ein Lektorat oder um ein Korrektorat? Wie sieht der genaue Leistungsumfang aus? Ich selbst bin immer dankbar, wenn mir Kunden klar aussprechen, was sie sich wünschen, denn dann kann ich mit meinem Team darauf reagieren und sagen, was wir alles tun können und was nicht.

Mein Rat an die Billiganbieter/-innen im Lektorat

Laptop vor einer weißen Wand mit einem roten Sparschwein

Rechnet! Kalkuliert euer Business bitte einmal durch. Und wenn das Korrekturlesen für euch nicht nur ein Hobby ist, arbeitet mit Normseitenpreisen und Stundensätzen, von denen ihr leben könnt. Dann macht die Arbeit auch mehr Spaß!

 

Und: Kümmert euch um euer Marketing. Viele Lektoren haben keine vernünftige Website. Manche haben zwar eine Website, befassen sich aber kaum mit Marketing: Die Wege zu den Kunden sind heute dank Facebook, YouTube & Co. unglaublich vielfältig! Liefert eurer Zielgruppe hochwertige Inhalte auf den verschiedenen Kanälen, dann werden sie, wenn ihr gute Arbeit leistet, auch bei euch kaufen – und zwar zu einem Preis, von dem ihr leben könnt.

 

Und zum Schluss noch ein paar Worte zum Tempo.

 

24-Stunden-Expresslektorat

Ob ein Auftrag in 24 Stunden zu erledigen ist, hängt immer von der Textmenge und vom Korrekturaufwand ab. Eine kleine Broschüre, einen Flyer oder Ähnliches kann man natürlich ruckzuck lektorieren, wenn man nicht anderweitig ausgelastet ist. Eine Bachelor- oder Masterarbeit kann niemand seriös in dieser Zeit lektorieren – es sei denn, sie oder er liest die Arbeit nur einmal Korrektur. Dann aber leidet die Qualität darunter.

 

Also, Augen auf, wen du beauftragst und was die Lektorin oder der Lektor verspricht. Ach ja, und manche verkaufen neuerdings einen reinen Check durch eine KI als „Textkorrektur“.  

Fotos: Shutterstock.com, Bildnr. 665160991, FabrikaSimf