Die zehn Regeln des Freewritings

Ein Gastartikel von Benjamin Hofegger

Ein Bleistift und Text "Die zehn Regeln des Freewritings"

Früher habe ich mich mit der – mal stummen, mal expliziten – Überzeugung vor eine leere Seite gesetzt, sofort alles perfekt runterschreiben zu müssen. Mit diesem Anspruch habe ich meine kreative Beweglichkeit eingeschränkt und mein Schreiben blockiert. Der innere Druck, der sich in mir aufbaute, wenn es ums Schreiben ging, führte wiederum zu Vermeidungsverhalten. Ein gutes Gegenmittel gegen diesen lähmenden Rigorismus stellt das Freewriting dar!

 

Warum es manchmal gar nicht so einfach ist, alle Gedanken aufs Papier fließen zu lassen

Das Prinzip dieser Schreibtechnik scheint so simpel zu sein, dass man meinen könnte, es ist überflüssig, hier nochmals die Regeln anzuführen. Letztlich geht es einfach darum, in einer festgelegten Zeit, alles zu Papier zu bringen, was einem gerade in den Kopf kommt.

 

Aus meiner Erfahrung weiß ich aber, dass sich der innere Zensor immer wieder versucht durchzusetzen. Die an und für sich einfache Vorgabe "Bring alles zu Papier, was gerade in deinen Gedanken ist" wird immer wieder verkompliziert.

 

Als ich mit dem Freewriting anfing und es in meine tägliche Routine eingliedern wollte, meldete sich oft eine innere Stimme mit der Forderung bzw. Erwartungshaltung, irgendeine besondere Idee oder einen gedanklichen Durchbruch damit erreichen zu müssen.

 

Wenn dann mehrere Tage hintereinander nichts Brauchbares aus meinen Freewriting-Sitzungen hervorzugehen schien, wurde ich ungeduldig und driftete wieder zunehmend ins alte Schema ab: nur noch Gedanken aufschreiben, wenn sie besonders wichtig erscheinen, und dann gleich richtig gut formuliert. Ich merkte, wie weit ich mich wieder von den Prinzipien des Freewritings entfernt hatte.

 

Als ich dann naturgemäß wieder festsaß mit dem Schreiben, erinnerte ich mich an die zehn Regeln des Freewritings, die ich aus Judith Wolfsbergers Buch "Frei Geschrieben" kannte, um mich zu erden.

 

Mit den zehn Regeln des Freewritings in den Schreibfluss kommen

Indem ich mir die simplen, eigentlich banalen Regeln durch das Lesen erneut ins Bewusstsein rief, klappte es auch wieder damit. Diese Dynamik wiederholte sich, sodass ich mich entschied, jedes Mal, bevor ich ein Freewriting beginne, mir nochmals die Regeln durchzulesen. Das half mir, den eigentlichen Sinn und die Grundsätze der Schreibtechnik im Auge zu behalten, und verringerte die Wahrscheinlichkeit, dass ich mich von meinen üblichen, dysfunktionalen Überzeugungsmustern in die Irre führen ließ.

 

Die zehn Regeln des Freewritings

  1. Such dir einen Begriff oder ein Thema, zu dem du schreiben möchtest.
  2. Stell dir eine Stoppuhr (gern auf deinem Smartphone) auf zehn, fünfzehn oder zwanzig Minuten. 
  3. Lege mit dem Schreiben los. Bring alles zu Papier, was dir gerade einfällt.
  4. Setze die Hand nicht ab, bleib im Schreibfluss.
  5. Lies nicht, was du eben zu Papier gebracht hast. Schreibe weiter.
  6. Lösche nichts, streiche nichts durch.
  7. Mach dir keine Gedanken um die Rechtschreibung, Grammatik und Zeichensetzung.  
  8. Es ist okay, wenn du das Gefühl hast, dass das Ganze kein Ziel hat. Es geht nicht um Kontrolle. Gib deinen Gedanken einfach Raum. Abschweifungen und Unsinn sind willkommen. Schicke deinen Zensor auf Urlaub!
  9. Wenn du nicht weißt, was du schreiben sollst, schreibe einfach "Mir fällt gerade nichts ein", und zwar so lange, bis dir wieder ein neuer Gedanke kommt.
  10. Wenn die Zeit vorbei ist, schreibe den angefangenen Gedanken zu Ende und freue dich auf die nächste Freewriting-Session mit dir.

Freewriting als Schreibtechnik für den Alltag und das Studium

Das Freewriting ist für mich eine essenzielle Schreibtechnik geworden, die ich sowohl für die Uni als auch für den Alltag verwende (zum Beispiel um meine Gedanken zu sortieren).

 

Wenn du, wie ich, dazu neigst, dich mit hohen Ansprüchen an das Schreiben fertig zu machen, und auf diese Weise leicht auf Abwege gelangst, dann empfehle ich dir, die Regeln herunterzuladen, auszudrucken und vor jedem Freewriting durchzulesen.

Du wirst sehen: Freewriting macht Spaß und tut wirklich gut. Lade dir hier die Regeln herunter und probiere das Freewriting aus!  

10 Regeln des Freewritings.pdf
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Über den Autor

Benjamin Hofegger studiert Psychologie an der Sigmund Freud Privatuniversität in Wien. Anfangs hatte er Schwierigkeiten, die im Studium aufgegebenen schriftlichen Arbeiten zu realisieren. Heute hat sich sein Verhältnis zum Schreiben entspannt. Aktuell ist er dabei, seine letzte Seminararbeit zu beenden, um sich dann vollständig auf das Schreiben seiner Bachelorarbeit konzentrieren zu können. Aber auch abseits der Universität hat das Schreiben für ihn zusehends an Bedeutung gewonnen.

 

 Abbildungsnachweis (Bild ganz oben): Shutterstock.com, Bildnummer 427826476, korkeng