Zitierfähig versus zitierwürdig

Tipps für deine Hausarbeit, Bachelorarbeit, Masterarbeit oder Dissertation inkl. Quiz. Teste dein Wissen!

 

Vielleicht hat dir schon mal jemand gesagt, dass du einen bestimmten Text nicht in deiner Hausarbeit, Bachelorarbeit, Masterarbeit oder Dissertation benutzen solltest, weil er nicht zitierfähig ist. Möglicherweise hast du danach die Stirn gerunzelt und dich gefragt: Warum kann oder darf ich den Beitrag nicht zitieren? Und was zitiere ich bitte dann? In diesem Blogartikel möchte ich ein wenig Licht in das Dunkel rund ums Zitieren bringen und dir erklären, was die Begriffe "zitierfähig" und "zitierwürdig" eigentlich genau bedeuten.

 

Weiter unten findest du dann noch ein Quiz.

Teste dein Wissen und schau, wo du gerade stehst und lerne noch ein wenig dazu!

 

Was bedeutet "zitierfähig", was bedeutet "zitierwürdig"?

Die Begriffe "zitierfähig" und "zitierwürdig" klingen ähnlich, bedeuten aber unterschiedliche Dinge: 

  • Grundsätzlich ist jeder Text erst einmal zitierfähig. Oder anders gesagt: Du kannst jeden Text so erfassen, dass du ihn in deiner wissenschaftlichen Arbeit anführen kannst. Dabei musst du beachten, dass der Text öffentlich zugänglich sein sollte.
  • Ein Text ist zitierwürdig, wenn er für deine Hausarbeit, Bachelorarbeit, Masterarbeit oder Dissertation relevant ist und wissenschaftlichen Standards folgt.  

Und nun schauen wir uns das Ganze einmal näher an!

 

Zitierfähigkeit und die Frage der Öffentlichkeit

Damit ein Text zitierfähig ist, sollte er öffentlich zugänglich sein. Warum? Ganz einfach: In der Wissenschaft gilt das Prinzip der Nachprüfbarkeit und Nachvollziehbarkeit, also andere Menschen sollten die Möglichkeit haben, den Text, den du zitiert hast, selbst zu lesen.

 

Beispiele und Spezialfälle:

Hausarbeiten und Bachelorarbeiten

Aus dem Gesagten wird klar, dass verschiedene Typen von Uni- oder FH-Arbeiten (zum Beispiel Hausarbeiten oder Bachelorarbeiten) nicht zitierfähig sind, weil die Öffentlichkeit keinen Zugang zu ihnen hat. Also, die Bachelorarbeit deiner Studienkollegin ist nicht zitierfähig.  

 

Unveröffentlichte Manuskripte

Und wie ist das mit dem unveröffentlichten, aber im Archiv XY einsehbaren Manuskript aus dem Jahr 1960 von Max Huber über das Leben Mozarts? Das ist zitierfähig, da Archive ja öffentlich zugänglich sind.

 

Problematisch im Hinblick auf die Zitation sind unveröffentlichte Manuskripte im Privatbesitz. Wann immer du so einen Text zitierst, solltest du dir der dahinterstehenden Problematik bewusst sein.

 

Zitierwürdigkeit und die Frage der Qualität

Ein Text ist zitierwürdig, wenn er für die Wissenschaft relevant ist. Ich würde sagen: wenn er "Gewicht" hat. Ob ein bestimmter Text für die Forschung Relevanz besitzt, musst du im Einzelfall entscheiden.

 

Hier ist also deine Kompetenz, eine solide Auswahl zu treffen, ganz wesentlich. Du musst in der Lage sein, zu entscheiden, ob eine Veröffentlichung für die Forschung in deinem Fachbereich relevant ist oder nicht. Dazu brauchst du Recherchekenntnisse.

 

Wenn du bislang nach wissenschaftlicher Literatur nur googelst oder nur mit Google Scholar arbeitest, besitzt du noch keine soliden Recherchekenntnisse. Wie du Literatur findest, lernst du am besten in den Einführungskursen der großen wissenschaftlichen Bibliotheken. Dort erfährst du, wie du mit OPACs und Datenbanken gezielt nach Publikationen suchst.

 

Beispiele und Spezialfälle:

Publikationen, die nicht peer-reviewed sind

Wenn du dich im Web umsiehst, wirst du Hinweise finden, wonach ein Text peer-reviewed sein muss, damit er zitierwürdig ist. Ein Peer-Review ist ein Begutachtungsverfahren. Wenn ein Text so ein Verfahren durchlaufen hat, ist er in der Regel von hoher Qualität.

 

Tatsächlich gibt es Fachbereiche, in denen man ausschließlich oder nahezu ausschließlich mit peer-reviewed Beiträgen arbeitet (zum Beispiel in der Medizin). Gleichzeitig gibt es Fachbereiche, in denen nur ein Bruchteil der Veröffentlichungen ein Begutachtungsverfahren durchlaufen. Stützt du dich also nur auf peer-reviewed Beiträge, verschließt du die Augen vor wichtigen Publikationen.

 

Wikipedia

 

Ebenfalls musst du im Einzelfall entscheiden, wie du mit unwissenschaftlichen Publikationen umgehst. Wenn du beispielsweise eine Hausarbeit, Bachelorarbeit, Masterthesis oder Dissertation über Wikipedia schreibst, wirst du den einen oder anderen Beitrag von dort zitieren. Wikipedia kannst du auch dann zitieren, wenn der Artikel tatsächlich neues Wissen enthält, das an anderer (wissenschaftlicher) Stelle nicht publiziert ist.

 

Lehrbücher und Vorlesungsskripten

 

Lehrbücher fassen Wissen in kompakter Form zusammen, beinhalten also meistens kein neues Wissen und arbeiten nicht mit Belegen oder zumindest nicht mit umfassenden Belegen. Viele Studierende zitieren Lehrbücher und Vorlesungsskripten, weil ihnen nicht bewusst ist, dass das nur Hilfsmittel für Unterrichtszwecke sind, hinter denen an anderer Stelle publizierte Forschungsergebnisse stehen. Eigentlich müssten sie sich die Primärliteratur besorgen. Daher: Wenn in einem Lehrbuch ausnahmsweise etwas steht, das sonst noch nirgends publiziert wurde, dann kannst du es zitieren. In allen anderen Fällen solltest du es nicht zitieren.

 

Ratgeber und Broschüren

 

Auch um einen Ratgeber oder eine Broschüre zu zitieren, brauchst du einen guten Grund. Du musst zumindest für dich als Auswahlkriterium begründen können, warum du diesen Ratgeber oder diese Broschüre heranziehst, obwohl er bzw. sie eben nicht wissenschaftlichen Standards folgt (zum Beispiel auf umfassenden Recherchen basiert und mit Belegen arbeitet). 

 

 

Quiz: Teste dein Wissen!

 

Zitierfähig oder zitierwürdig? Wie würdest du entscheiden?

Und nun bist du dran! Ich habe ein paar Fragen, die ich aus Coachings oder anderen Gesprächen mit Studierenden kenne, im Folgenden aufgelistet. Lies dir die einzelnen Fragen durch und klappe dann die graue Box auf, um zu schauen, ob du richtig liegst.

 

Mein Professor hat in einer Vorlesung etwas Wichtiges gesagt. Kann ich das in meiner Hausarbeit zitieren?

Du solltest prüfen, ob dein Professor das, was er gesagt hat, irgendwo publiziert hat. Wenn ja, zitiere bitte seine Publikation. Hat er seine Erkenntnisse noch nicht veröffentlicht, dann solltest du in deinem Regelwerk nachschauen, wie du mündliche Hinweise zitieren kannst.

Aufklappbox

Ich habe eine Bachelorarbeit gefunden, in der ganz wichtige Hinweise für meine Masterarbeit stehen. Ist die Bachelorarbeit zitierfähig?

Das kommt drauf an. Steht sie in einer Bibliothek öffentlich auf oder ist sie online in einem Bibliothekskatalog oder einer Datenbank abrufbar? Wenn ja, kannst du sie zitieren. Wenn nein, dann brauchst du sehr gute Gründe, um sie ausnahmsweise zu zitieren. In der Regel ziehen Studierende andere Uni-Arbeiten deshalb gern heran, weil es so scheint, als wäre da alles gut zusammengetragen. Tatsächlich beinhalten aber gerade Bachelorarbeiten selten wirklich Neues. Daher mein Rat: Stütze dich auf die einschlägige wissenschaftliche Literatur, die in der Bachelorarbeit zitiert wird. Gehe also an die Basis! 

Aufklappbox

Ich habe einen wissenschaftlichen Aufsatz gefunden, in dem eigentlich nichts Neues steht, aber er fasst den Forschungsstand zum Thema meiner Dissertation gut zusammen. Kann ich ihn zitieren?

Tatsächlich gibt es Publikationen, die kein neues Wissen vorstellen. Sie sind aber trotzdem zitierwürdig, weil auch reine Zusammenfassungen oder Überblicksdarstellungen hilfreich für deine Leserinnen und Leser sein können.

Aufklappbox

Ich schreibe meine Masterarbeit im Unternehmen. Kann ich den Geschäftsbericht des Unternehmens, in dem ich arbeite, zitieren?

Ich nehme an, dass der Geschäftsbericht für dich eine wichtige Quelle darstellt und öffentlich zugänglich ist. Daher kannst du ihn auch zitieren.

Aufklappbox

Ist der Duden zitierfähig?

Klar, jeder Text ist zitierfähig. Hier geht es um die Frage der Zitierwürdigkeit. Ob der Duden zitierwürdig ist, kommt auf den Kontext an. Die meisten Studierenden zitieren den ersten Band "Die deutsche Rechtschreibung" im Kontext von Begriffsdefinitionen, und das tun sie in der Regel, weil sie rasch mal gegoogelt haben und der erste Band eben online ist. Mein Rat: Wenn du Begriffe deines Faches definieren möchtest, stütze dich auf fachspezifische Literatur, die in in Tiefe geht.

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Darf ich eine Website zitieren? Ich denke da zum Beispiel an eine Website eines Vereins, eines Sozialdienstes etc.

Wenn auf der Website wesentliche Erkenntnisse stehen, die sich nicht in der wissenschaftlichen Literatur finden, dann ist die Website zitierwürdig. Meist werden Websites von Vereinen, Sozialdiensten oder anderen Organisationen in einer Hausarbeit, Bachelorarbeit, Masterarbeit oder Doktorarbeit zitiert, um einen Praxisbezug herzustellen, und das kann abhängig vom Thema natürlich okay sein.

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Ich habe mir einen Ratgeber zum Thema XY gekauft. Der passt total gut zum Thema meiner Hausarbeit. Kann ich den zitieren?

Der gesamte Bereich der Ratgeberliteratur ist in der Regel nicht zitierfähig, da hier Wissen ohne umfassende Auswertung wissenschaftlicher Literatur und Bezugnahme auf Forschungsergebnisse wiedergegeben wird. Stütze dich bitte auf die einschlägige wissenschaftliche Literatur. Gehe an die Basis!

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Mich würde interessieren, wie sich ein Fachbuch von einem Ratgeber unterscheiden lässt. Denn das eine würde ich für zitierwürdig halten und das andere nicht.

Der Unterschied liegt in der Zielgruppe: Ein Ratgeber richtet sich an Laien. Ein Fachbuch wendet sich an ein professionelles Publikum, das das Wissen im beruflichen Kontext anwenden möchte. Wenn ein Fachbuch auf umfassenden Literaturrecherchen basiert, mit Belegen arbeitet und Neues referiert, dann ist es auf jeden Fall zitierwürdig. In allen anderen Fällen gilt es abzuwägen, ob es im Rahmen einer Hausarbeit oder Abschlussarbeit herangezogen werden sollte oder ob es nicht qualitätvollere Literatur gibt. 

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Ist meine eigene Masterarbeit eigentlich zitierwürdig?

Wenn sie öffentlich zugänglich ist, dann grundsätzlich ja. Im Detail kommt es wieder darauf an, ob du mit ihr einen Beitrag zur Forschung geleistet hast oder nicht.

Aufklappbox

Das würde ich dir gern als Richtlinie auf den Weg mitgeben:

Es kommt auf den guten Grund an!

Du brauchst einen guten Grund, wenn du Wikipedia, einen Ratgeber oder eine Website zitieren möchtest. Die Tatsache, dass dort etwas Interessantes steht, ist zu wenig, um diese Quellen anzuführen. Manche Studierende suchen wahllos im Web nach Literatur und dann scheint eine Website oder irgendein Buch auf Google Scholar rasch mal als nützlich. Das ist freilich keine Grundlage für eine wissenschaftliche Arbeit.

 

In Coachings verwende ich dafür übrigens gern das Bild einer Person, die in einem Garten ein paar Äpfel pflückt. Sie streift durch den Garten, pflückt den einen oder anderen Apfel, auf den sie Lust hat bzw. den sie essen möchte, und gut ist es.

 

Wissenschaftliches Arbeiten und Schreiben funktioniert anders! 

 

Eine Hausarbeit, Seminararbeit oder Abschlussarbeit sollte immer auf gezielten Recherchen in OPACs und Datenbanken basieren. Wenn du die dort angeführte Literatur gelesen hast und anschließend einen guten Grund hast, um nicht wissenschaftliche Literatur, eine Website eines Vereins etc. zu zitieren, dann ist das in Ordnung.

 

Denn du weißt jetzt: Zitierfähig ist alles!

 

 

Abbildungsnachweis: Shuterstock.com, Bildnr. 144613520, donatas1205

  

14.2.2023