Viele Studierende sind verunsichert, wenn sie ihre Bachelorarbeit oder Masterarbeit schreiben. Sie wünschen sich Faustregeln – Regeln, an denen sie sich festhalten können. So auch beim Literaturverzeichnis. Immer wieder einmal werde ich gefragt: Wie lang soll das Literaturverzeichnis meiner Bachelorarbeit bzw. Masterarbeit sein?
Die Antwort darauf ist einfach: So lang wie nötig! Da du wahrscheinlich jetzt findest, dass diese Antwort ziemlich unbefriedigend ist, möchte ich dir erklären, woran du ein unvollständiges Literaturverzeichnis erkennst bzw. wie du zu einem Literaturverzeichnis mit der "richtigen" Länge kommst.
Welche Literatur du für deine Uni- oder FH-Arbeit lesen solltest
Du solltest alle Literatur lesen, die für deine Bachelorarbeit oder Masterarbeit relevant ist. Das betrifft zumindest einmal die Meilensteine der Forschung. Damit meine ich alle Publikationen, in denen zentrale Forschungsergebnisse zu deinem Thema vorgestellt wurden. Daneben gibt es weitere Literatur zu berücksichtigen, die wichtige Erkenntnisse zu Detailfragen beinhaltet. Je klarer umgrenzt und je enger dein Thema ist, desto leichter wird dir die Literaturrecherche fallen.
Literatur finden
Damit du die für dein Thema relevante Literatur lesen kannst, musst du sie natürlich erst einmal finden! Und das funktioniert nur dann, wenn du die verschiedenen Rechercheinstrumente kennst.
Mach dich also am besten gleich zu Studienbeginn mit den zahlreichen OPACs und Datenbanken vertraut (Google ist für die Recherche wissenschaftlicher Literatur nicht das Mittel der
Wahl!).
Nun solltest du nicht nur die OPACs und Datenbanken als solche kennen, sondern auch wissen, was du dort überhaupt finden kannst und was eben auch nicht. Ich erlebe oft, dass
Studierende einen OPAC wahllos mit Schlagwörtern füttern, aber nicht wissen, welche Literatur dort überhaupt erfasst ist. Es gibt zum Beispiel allerhand OPACs, die zwar Zeitschriftentitel, aber
nicht die Titel der einzelnen Aufsätze enthalten.
Hast du ein Thema zur Bearbeitung übernommen, verschaffst du dir am besten zunächst einmal einen Überblick über die Literatur. Je mehr Literatur es gibt, desto schwieriger ist das natürlich!
Und wenn du noch wenig Erfahrung im wissenschaftlichen Arbeiten hast, wird dir die Recherche sicherlich nicht so leicht von der Hand gehen. Das ist ganz normal und vor allem zu Beginn des
Studiums kein Anlass zur Sorge! Ich war am Anfang auch ziemlich wackelig in diesem Bereich.
Welche Literatur du in das Literaturverzeichnis aufnehmen musst
In dein Literaturverzeichnis nimmst du die Literatur auf, die du in den Fußnoten bzw. in den Klammern erwähnt hast. Literatur, die du zitierst, gehört auf alle Fälle ins Literaturverzeichnis!
Dein Literaturverzeichnis ist ein wichtiges Arbeitsinstrument für deine Leserinnen und Leser. Du löst hier die Kurzbelege auf, so dass sie genau erfahren, welche Literatur du in deiner Bachelorarbeit oder Masterarbeit zitiert hast und sie sich dann allenfalls auch selbst besorgen können.
Der Unterschied zwischen einem Literaturverzeichnis und einer Bibliografie
Die Begriffe "Literaturverzeichnis" und "Bibliografie" werden häufig synonym verwendet. Beide enthalten Literaturangaben. Manchmal wird unter einer "Bibliografie" ein erweitertes Literaturverzeichnis verstanden, das mehr als nur die zitierten Publikationen beinhaltet. In deiner Bachelorarbeit oder Masterarbeit solltest du nur die Literatur im abschließenden Verzeichnis erfassen, die du auch zitiert hast (es sei denn, dein Regelwerk sieht das anders).
Ich persönlich halte auch nichts davon, ein Literaturverzeichnis mit Titelangaben vollzustopfen, die du für den Anmerkungsapparat gar nicht verwendet hast. Es geht nämlich nicht darum zu zeigen, dass du fleißig warst und jede Menge Literatur recherchiert hast, sondern darum, die Leserinnen und Leser bei der Hand zu nehmen und wissend durch das Literaturdickicht zu lotsen.
Woran erkenne ich, ob hinter einem Literaturverzeichnis einer Bachelorarbeit oder Masterarbeit eine solide Recherche steht?
Du musst gar nicht Expertin bzw. Experte eines Faches sein, um die Qualität eines Literaturverzeichnisses beurteilen zu können. Ein unvollständiges Literaturverzeichnis erkennst du unter anderem an folgenden Punkten:
1 Das Literaturverzeichnis ist extrem kurz.
Wenn zum Beispiel das Literaturverzeichnis deiner achtzigseitigen Masterarbeit nur zehn Publikationen beinhaltet, ist da sicherlich der Wurm drinnen. Da hast du nicht sorgfältig recherchiert oder weißt eben auch gar nicht, wie eine Literaturrecherche genau funktioniert.
2 Das Literaturverzeichnis beinhaltet nur selbstständige Publikationen.
Viele Forschungsergebnisse werden in Artikelform veröffentlicht. Wenn im Literaturverzeichnis deiner Bachelor- oder Masterarbeit überhaupt keine Aufsätze angeführt sind, sondern nur Bücher, hast du nicht gründlich genug nach Literatur recherchiert oder dir ist die Bedeutung von unselbstständigen Publikationen im Wissenschaftsbetrieb (noch) nicht klar.
3 Die Arbeit behandelt ein Thema, zu dem es fremdsprachige Veröffentlichungen geben muss, das Inhaltsverzeichnis umfasst aber nur deutschsprachige Literatur.
Wenn du eine Arbeit über das nahe Paris gelegene Schloss Versailles geschrieben hast und im Literaturverzeichnis finden sich nur deutschsprachige Titel, stimmt etwas nicht, denn natürlich wird auch in Frankreich zu Versailles geforscht. Du kannst also kein Französisch und hast deshalb die französische Literatur unberücksichtigt gelassen?
4 Das Literaturverzeichnis beinhaltet nur Online-Publikationen.
In vielen Fächern wird nach wie vor auch auf Papier publiziert. Wenn das in deinem Fachbereich der Fall ist, dein Literaturverzeichnis aber nur Online-Publikationen beinhaltet, dann fehlt wahrscheinlich wesentliche Literatur.
Die Folgen eines unvollständigen Literaturverzeichnisses
Wenn du wichtige Literatur in deiner Bachelorarbeit oder Masterarbeit unberücksichtigt gelassen hast, entspricht die Arbeit nicht den wissenschaftlichen Standards.
Stress, Zeitmangel, fehlendes Wissen um die diversen OPACs, mangelnde Sprachkenntnisse etc. können für dich persönlich eine Erklärung sein, weshalb dein Literaturverzeichnis nicht okay ist, die Öffentlichkeit, insbesondere andere Wissenschaftlerinnen oder Wissenschaftler, werden dafür aber kein Verständnis haben.
Damit du besser nachvollziehen kannst, was ich meine, hier ein Beispiel:
Stell dir vor, deine Masterarbeit ist so gut, dass du von einer renommierten Fachzeitschrift eingeladen wirst, die Ergebnisse dort zu publizieren. Dein Artikel ist erschienen und eine andere
Forscherin bzw. ein anderer Forscher veröffentlicht etwas zu demselben Thema, berücksichtigt aber deinen Artikel nicht. Wie würde es dir damit gehen?
Ein paar Tipps zum Schluss für dein Literaturverzeichnis
- Fange möglichst früh mit der Literaturrecherche an. Deine wissenschaftliche Arbeit schreibst du nicht über Nacht.
- Egal, ob du dich im ersten, zweiten oder zehnten Semester befindest, wenn du nicht sattelfest in der Literaturrecherche bist, besuche einen der zahlreichen Kurse, die die großen Bibliotheken anbieten. Du solltest einfach genau wissen, was du wo findest.
- Sei nicht zu schnell frustriert. Einen Überblick über die Literatur zu gewinnen braucht Zeit, und je mehr Erfahrung man im wissenschaftlichen Arbeiten hat, desto rascher überblickt man den Forschungsstand zu einem Thema und weiß, ob man alles Wichtige zusammengetragen hat. Recherche ist Übungssache!
Hole dir kostenlos via E-Mail mein E-Book mit Tipps für deine Einleitung, das Abstract, das Vorwort und das Schlusskapitel!
Abbildungsnachweis:
Bild oben: Shutterstock.com: Bildnummer: 1034153605, Urheberrecht: waller66
Freebie: Shutterstock.com, Bildnummer 404826424, Urheberrecht: Rawpixel.com.
Zuletzt aktualisiert am 18.2.2023.