Ein Artikel von Andrea Joost, Trainerin für wirkungsvolles Reden und sprachliche Cleverness
Immer wieder erlebe ich Teilnehmer, die mit folgendem Aha-Effekt aus meinen Workshops gehen: „Was wir hier für Vorträge und Präsentationen mitgenommen haben, funktioniert ja genauso in der
geschriebenen Sprache.“
In der Tat! Gelten doch in beiden Welten vergleichbare Regeln: Ganz gleich, ob Sie Ihre Botschaft auf der Rednerbühne transportieren oder einen Text verfassen, es geht immer darum, andere zu
überzeugen und für sich zu gewinnen. Jetzt gilt es, sowohl den Kopf als auch das Herz Ihrer Zuhörer und Leser zu erreichen. Das klappt allerdings nur, wenn Sie Ihre Inhalte
gehirnfreundlich verpacken, Emotionen wecken und dafür sorgen, dass Ihr Gegenüber Ihnen leicht folgen kann.
Mit Worten bewegen – geschrieben und gesprochen!
Mit den folgenden 7 Tipps punkten Sie nicht nur auf der größeren oder kleineren Bühne, sondern können damit auch Ihre Texte aufpeppen:
1. Sie wissen genau, worauf Sie hinauswollen!
Hand aufs Herz, wie oft reden oder schreiben Sie im Eifer des Alltagsgefechts einfach drauflos? Freilich ist es wunderbar, spontan zu sein und so manch gute Idee entsteht im Tun. Je klarer Sie allerdings wissen, wo die Reise hingeht, desto wahrscheinlicher ist es, dass Ihre Botschaft auch ankommt. Bevor Sie also das nächste Mal ans Werk gehen, schnappen Sie sich doch ein Blatt Papier und notieren Sie jeweils die drei wichtigsten Aspekte zu diesen beiden Fragen:
- Was möchte ich transportieren?
- Was erwartet mein Gegenüber vermutlich von mir?
Aus den Ergebnissen lassen sich dann ruckzuck Ihre Kernbotschaften und ein roter Faden ableiten – die besten Voraussetzungen, um Ihr Thema klar auf den Punkt zu bringen, gut zu strukturieren und bei Ihrem lesenden oder hörenden Publikum in Erinnerung zu bleiben.
2. Sie fassen sich kurz!
Bandwurmsätze, bei denen weder Sie noch Ihr Gegenüber genau wissen, wo sie anfangen und aufhören, sind sowohl in der gesprochenen als auch in der geschriebenen Sprache weit verbreitet und führen dazu – ich berichte aus eigener Erfahrung –, dass das Gegenüber aussteigt. Stopp! Bitte reden und schreiben Sie lieber in kurzen Sätzen.
Verabschieden Sie sich von Schachtelkonstruktionen und gehen Sie sparsam mit Nebensätzen, Einschüben sowie dem Bindewörtchen „und“ um. Je einfacher Sie sich ausdrücken, desto leichter können andere Ihnen folgen. Abgesehen davon, dass kurze Sätze und eine knackige Sprache auch deutlich dynamischer klingen
3. Sie werden konkret!
Obwohl leeres Gerede eigentlich total verpönt ist, sind allgemeine Formulierungen und Worthülsen dennoch weit verbreitet – weil Sie wichtig klingen und vertraut sind. Denken Sie nur an Aussagen, wie „Wir sind kundenorientiert!“, „Wir bieten Ihnen eine innovative Lösung!“, „Bei uns steht der Mensch im Mittelpunkt“ … Damit werden Sie wohl kaum jemanden begeistern. Das sind Worte, die in den Köpfen unserer Zuhörer und Leser weder Gefühle noch Bilder auslösen und damit wirkungslos bleiben.
Anschaulich und lebendig werden Ihre Informationen dann, wenn Sie sie mit handfesten Fakten unterlegen. Zum Beispiel, indem Sie genau verraten, was Ihre Kundenorientierung konkret ausmacht: Gibt es eine 24-Stunden-Hotline, eine regelmäßige Kundenbefragung oder ein besonderes Beratungsangebot? So kurbeln Sie das Kopfkino Ihres Gegenübers an und verwandeln oberflächliche, glatte Aussagen in überzeugende Stories, die wirklich Eindruck hinterlassen.
4. Sie formulieren aktiv!
Passive Satzkonstruktionen verpacken Sachverhalte abstrakt und verschleiern Verantwortlichkeiten. Oder haben Sie eine Idee, wen Sie bei der Aussage „Das Protokoll wird nächste Woche unterschrieben“ zur Rechenschaft ziehen können, wenn nächste Woche vielleicht doch nichts passiert? Das mag praktisch sein. Wirkungsvolles Reden und Schreiben sieht jedoch anders aus.
Die Menschen wünschen sich, dass Sie Klartext mit ihnen sprechen. Das steckt schon im Wort: Aktivsätze sind greifbarer und kraftvoller als das Passivgemauschel. Sie nennen Ross und Reiter, erzeugen Bilder im Kopf und gehören damit unbedingt zu einer mitreißenden, überzeugenden Sprache. Sagen Sie deshalb bitte „Frau Meier unterschreibt den Vertrag“ statt „Der Vertrag wird unterschrieben“ oder „Die Kollegen aus der Forschung müssen das Versuchsergebnis dringend überprüfen“ statt „Das Versuchsergebnis muss dringend überprüft werden“.
5. Sie verabschieden sich von Substantivmonstern!
„Die Veröffentlichung des Buches erfolgt im Februar“, „Die Kundenzufriedenheit ist ein entscheidender Erfolgsfaktor“, „Nachhaltigkeit ist Grundlage unseres Handels“ … so oder so ähnlich lesen sich die Hauptwortungeheuer. Das Problem dabei: Solche Konstruktionen sind gestelzt und auf Dauer ziemlich anstrengend für Leser und Zuhörer.
Sie möchten den Monstern das Handwerk legen? Dann halten Sie gleich einmal Ausschau nach allen -heit-, -keit- und-ung-Endungen – sie zeigen Ihnen schnell, wo das Substantivmonster zugeschlagen hat. Um natürlich zu wirken, ersetzen Sie diese schwerfälligen Formulierungen am besten durch Verben. Dann heißt es zum Beispiel „Das Buch erscheint im Februar“ statt „Die Veröffentlichung erfolgt im Februar“ … und schwups! klingt Ihre Aussage viel geschmeidiger.
6. Sie sprechen Deutsch!
Leider hat sich die einfache Sprache im Businessalltag noch nicht durchgesetzt. Da wird aggregiert, implementiert, verifiziert, was das Zeug hält, und es schwirrt einem schnell der Kopf vor lauter Fremdwörtern, Anglizismen und Fachbegriffen. Häufig ohne Rücksicht auf Verluste. Wie schade! Denn sobald Ihr Gegenüber gefordert ist, komplexe Aussagen in eine verständliche Sprache zu übersetzen, kann es sich nicht mehr auf die eigentliche Botschaft konzentrieren. So werden ganz schnell wertvolle Punkte verspielt.
Wenn Sie möchten, dass man Ihnen gut und ohne großen Energieaufwand folgen kann, lohnt es sich, das Fremdwörtersparprogramm einzuschalten und den Fachjargon zu reduzieren. Die Devise lautet: so viel wie nötig und so wenig wie möglich. Sie denken, dass Ihr Gegenüber eine gehobene Sprache erwartet? Natürlich darf im Kontakt mit Experten der eine oder andere Fachbegriff fallen. Aber eines ist sicher: Auch Fachleute freuen sich über einen gut verdaulichen Rede- bzw. Schreibstil.
7. Sie trauen sich, persönlich zu werden!
Egal, ob Sie reden oder schreiben – je mehr Sie zeigen, was Sie ausmacht, desto schneller bauen Sie Vertrauen auf und schaffen einen guten Draht zu Ihrem Gegenüber. Schließlich sind Sie nicht nur Wissensvermittler, sondern in erster Linie Mensch … Ihr Publikum möchte Sie kennenlernen. Trockene Informationen alleine genügen da nicht.
Keine Sorge, Sie müssen nicht Ihr komplettes Inneres nach außen kehren. Oft reicht schon ein Bild aus dem Alltag oder eine kleine Geschichte, um es menscheln zu lassen. Außerdem hilft es, wenn Sie sich so ausdrücken, wie Sie es auch im „normalen Leben“ tun würden, und sich nicht in einen glatt polierten Rahmen pressen lassen. Besinnen Sie sich auf Ihre persönlichen Stärken und vertrauen Sie auf das, was in Ihnen steckt. Das ist eine ganze Menge!
Bleiben Sie dran und nutzen Sie Ihre Stärken!
Zugegeben, da kommt einiges zusammen, was berücksichtigt werden darf. Aber dranbleiben lohnt sich! Denn einmal verinnerlicht, werden Sie von diesen Ideen sowohl im gesprochenen als auch im geschriebenen Wort profitieren. Und falls Sie sich bislang nur in einer dieser beiden Welt so richtig wohlgefühlt haben, dann schnuppern Sie jetzt doch mal ganz gezielt in die andere hinein. Nur Mut! Mit Ihren Stärken sind Sie bestens gewappnet und werden vermutlich mehr Parallelen entdecken, als Sie für möglich gehalten hätten.
Über die Autorin:
Andrea Joost ist Trainerin für wirkungsvolles Reden und sprachliche Cleverness. Die studierte Diplombetriebswirtin (BA) war viele Jahre Vertriebsdirektorin
einer der größten deutschen Investmentgesellschaften, bevor sie sich 2011 selbstständig gemacht hat.
Ihr Buch Mit Worten bewegen: Präsentationen und Reden, die wirklich
begeistern ist 2012 im Wiley-VCH Verlag erschienen. In ihrem E-Book Nix gähn! So bewegen Sie Ihr Publikum gibt die Autorin 5 x 3 Tipps für mitreißende Vorträge. Immer freitags
finden Sie in ihrem Blog Tipps, wie Sie mehr Pep in Ihre großen und kleinen Auftritte
bringen und Ihren eigenen Redestil entwickeln.
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