Ein Gastartikel von Jutta Wergen
Schon wieder zu lange am Schreibtisch gesessen und nicht so richtig viel für die Uni-Arbeit geschafft? Viele Studierende, egal, ob sie an ihrer Bachelorarbeit, Masterarbeit oder
Doktorarbeit sitzen, streben danach, möglichst oft und lange an ihrer Uni-Arbeit zu schreiben.
Am besten ganze Tage, gerne acht Stunden am Stück oder mehr. Dann stellen sie aber fest, dass sie am Ende viel weniger geschafft haben, als sie wollten und sind dann natürlich unzufrieden.
Was Studierende oft sagen
„Ich arbeite nicht an meiner Uni-Arbeit, wenn ich nur ein paar Stunden Zeit habe.“
„Ich fange gar nicht erst an, wenn ich nicht den ganzen Tag zur Verfügung habe.“
„Ich habe den ganzen Tag am Schreibtisch gesessen, aber nicht wirklich was geschafft!“
So oder so ähnlich klingen die Aussagen von Studierenden in Bezug auf ihre Arbeitszeit.
Es scheint, dass kürzere Zeiträume nicht zur Arbeit an der Bachelorarbeit, Masterarbeit oder Dissertation genutzt werden und längere nicht effizient genug. Das führt zu der Frage, wie viele Stunden eigentlich optimal für die Arbeit an der Dissertation sind: vier, fünf, acht oder mehr Stunden täglich?
Gibt es einen optimalen Arbeitszeitraum?
Uni-Arbeiten werden unter den verschiedensten Arbeits- und Lebensbedingungen erstellt. Die Uni-Arbeit muss oft mit anderen Tätigkeiten wie Erwerbs-, Projekt- und Sorgearbeit vereinbart werden.
Manche Studierende können täglich an ihrer Bachelorarbeit, Masterarbeit oder Dissertation arbeiten – stundenweise oder den ganzen Tag –, andere möglicherweise nur einmal pro Woche, wieder andere nur am Wochenende und im Urlaub. Für viele ist die vorlesungsfreie Zeit neben Erholung und Vorbereitung auf die Lehre für das Schreiben der Uni-Arbeit vorgesehen, wohingegen während des Semesters kaum Zeit dafür bleibt.
Optimal ist also ein Arbeitszeitraum dann, wenn er effektiv und effizient zu Erreichung des Zieles genutzt wird – und das ist immer abhängig von individuellen Gegebenheiten.
Arbeit kann sich ausdehnen!
Der Historiker und Soziologe Cyril Northcote Parkinson hat in einem seiner Gesetze bzw. Theoreme postuliert: „Work expands so as to fill the time available for its completion“, also: „Arbeit dehnt sich in dem Maße aus, in dem Zeit für ihre Erledigung zur Verfügung steht.“
Das bedeutet, egal, ob die Arbeitstage kurz oder lang sind: Das Ergebnis ist immer das gleiche. Bei einer längeren Zeitinvestition wird nebenbei in der Summe mehr prokrastiniert und recherchiert oder es werden sonst Dinge getan, die am Ende für das gewünschte Ergebnis nicht zielführend waren.
Lange Arbeitstage sind daher nicht oft nur Zeitverschwendung, sondern auch eine Quelle stetiger Unzufriedenheit, weil man nicht das geschafft hat, was man schaffen wollte, und der Gedanke „Ich müsste eigentlich schon viel weiter sein!“ die Motivation sinken lässt.
In weniger Zeit mehr erledigen. Fokussierung rocks!
Wie du dein Zeitmanagement verbesserst
Das Paretoprinzip besagt, dass achtzig Prozent der Ergebnisse mit zwanzig Prozent des Aufwands erzielt werden können. Ob diese 80-20-Regel valide erforscht ist, weiß ich nicht. Es scheint aber richtig zu sein, dass Menschen schneller zu guten oder besseren Ergebnissen kommen können.
Was man an einem achtstündigen Arbeitstag schafft, ist auch in fünf Stunden zu erledigen! Stephan Aarstol, der Gründer des Unternehmens Tower Paddle Board, startete zunächst für drei Monate das Projekt „Fünf-Stunden-Tag“.
Seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hatten jeden Tag nach fünf Stunden um 13 Uhr Feierabend – bei gleichem Gehalt und gleichen Arbeitsergebnissen. Durch die Begrenzung der Zeit arbeiteten sie fokussierter und ließen sich nicht mehr so schnell ablenken. Sie wurden also für die Arbeit bezahlt und nicht für die Stunden.
Lass uns ein Experiment starten!
Ich möchte dich zu einem 60%-Experiment einladen! Du bist unzufrieden mit deiner Arbeitsorganisation? Dann beobachte dich ein paar Schreibtage lang. Arbeitest du die ganze Zeit an deiner Bachelorarbeit, Masterarbeit oder Dissertation oder surfst du im Internet und hast den Drang, andere Dinge zu tun? Bist du auf das geplante Ergebnis fokussiert?
Wenn du mit deiner Arbeitszeit und den Ergebnissen nicht zufrieden bist, mach ein Experiment: Reduziere die Bearbeitungszeit für deine Uni-Arbeit, zunächst einmal für eine Woche oder zwei, und kürze deine Tagesarbeitszeit um ca. 60 %. Solltest du ursprünglich acht Stunden geplant haben, plane nun also nur fünf.
Beende deine Arbeitszeit planmäßig. Notiere dir kurz, was du geschafft hast, was gut gelaufen ist und auch das, was nicht so gut gelaufen ist und was du am nächsten Tag besser machen möchtest. Belohne dich für deine Arbeit, gehe raus oder triff Freunde. Nutze deine freie Zeit!
Tipps, die dir bei dem Experiment für deine Uni-Arbeit helfen
Plane deine Zeit!
Damit du an deinem Schreibtag nicht mehr als fünf Stunden arbeitest, musst du deine Zeit künftig besser planen. Plane deine Schreibzeit ganz konkret und reserviere dir dabei auch die Zeit für E-Mails und Telefonate.
Plane deine Aufgaben!
Schreibe dir am Tag vorher auf, was du im Einzelnen machen wirst. Plane konkret, ob du schreibst (formulierst), ob du den Text konzipierst oder ob du beispielsweise Recherchen machst oder Grafiken bzw. Tabellen erstellst. Hilfreich ist hier ein Schreib-Zeit-Plan.
Entwickle Routinen!
Beobachte dich während des Arbeitens und kristallisiere Tätigkeiten heraus, die du automatisieren kannst, beispielsweise immer mit der gleichen Schreibstrategie anfangen.
Belohne dich!
Schaffe positive Anreize, mit denen du deine konzentrierte Arbeit belohnst. Überlege dir konkret, was du mit der gewonnenen Zeit anfängst. Führe eine Liste mit Belohnungen für effektives Arbeiten und belohne dich unmittelbar nach der Arbeit.
Wie geht es weiter?
Ziehe nach dem Experiment Bilanz. Wenn die neue Arbeitsweise gut funktioniert hat, behalte sie bei. Es macht generell Sinn, die Arbeitszeit zu begrenzen und sich Ziele zu stecken. Dabei hilft es, die eigene Arbeitsweise zu kennen und bewusst zu steuern, denn du wirst nicht nur schneller, sondern auch zufriedener sein.
Über die Autorin
Dr. Jutta Wergen arbeitet seit über fünfzehn Jahren in der wissenschaftlichen Nachwuchsförderung und betreibt den Blog coachingzonen. Sie ist zertifizierte Schreibtrainerin, hochschuldidaktische Multiplikatorin, NLP-Trainerin und Coach. Jutta Wergen ist Mitglied in verschiedenen Fachverbänden, u.a. im Netzwerk Wissenschaftscoaching.
Nach einer Ausbildung als Bürokauffrau studierte sie Soziologie und Psychologie an der Universität Duisburg-Essen und promovierte anschließend an der TU Dortmund. Als freie Trainerin bietet sie Coachings und Trainings für Nachwuchswissenschaftler/-innen an, für Promovierende beispielsweise eine kostenlose Schreibchallenge.
Abbildungsnachweis:
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