Ich habe unlängst ein schönes und interessantes Feedback zur langen Nacht der aufgeschobenen Uni-Arbeiten bekommen, das ich gern mit dir teilen möchte (und darf). Am Ende des Artikels möchte ich dir von mir und meiner eigenen Promotion erzählen. Es geht um die Frage, was es bedeutet, eine Doktorarbeit zu schreiben. Ich möchte dabei den Blick vor allem auf das Leben während der Promotion lenken.
Die Teilnehmerin der langen Nacht schreibt:
Ich möchte dir Danke sagen für die Nacht der aufgeschobenen Uni-Arbeiten. Dort sind so viele Dinge besprochen worden, die nicht nur eine Hausarbeit, Bachelorarbeit, Masterarbeit oder Dissertation betreffen, sondern einfach das Leben. Das Thema hat mich interessiert, da ich vor Jahren versucht habe, eine Dissertation zu schreiben, aber mir mein Leben dazwischenkam. Schließlich kam auch mein drittes Kind.
Ich habe das Projekt „Dissertation“ mehrfach verschoben. Mir hat bei deinem Workshop unglaublich das Mindmap "Mein Leben" geholfen, um zu sehen, dass derzeit für eine Dissertation nach wie vor nicht der richtige Zeitpunkt ist. Und beruhigend fand ich zu sehen, dass meine damalige Planung doch ganz gut in die richtige Richtung ging.
Ich schließe eine Dissertation weiterhin nicht aus, aber promovieren kann man auch im Alter. Falls ich das Thema „Dissertation“ anpacke, werde ich sicher an meiner Kompetenz feilen, um strukturierter und klarer zu starten. Vielen Dank für dein zur Verfügung gestelltes Wissen.
Die Doktorarbeit und das eigene Leben ...
Die Teilnehmerin hatte schon einmal erkannt, dass das Projekt "Doktorarbeit" nicht in ihr Leben passt, und der Workshop im Rahmen der langen Nacht der aufgeschobenen Uni-Arbeiten hat sie darin bestätigt, dass sich daran nichts geändert hat.
Tatsächlich starten Studierende immer mal wieder eine Doktorarbeit bzw. Dissertation, ohne sich bewusst zu machen, was das genau bedeutet. Manche Studierende hängen irgendwie an der Uni, dem Uni-Leben, recherchieren und schreiben einfach gern und möchten die Lebensphase der Masterarbeit nicht loslassen. Sie starten eine Promotion, ohne sich klarzumachen, was das eigentlich bedeutet.
Darum soll es nun im Folgenden gehen, bevor ich dir ein wenig von meiner eigenen Promotion erzähle.
Was es bedeutet, eine Doktorarbeit zu schreiben
Eine Doktorarbeit umfasst in der Regel deutlich mehr Seiten als eine Masterarbeit.
Der Seitenumfang entspricht in den meisten Studienfächern in etwa dem Dreifachen einer Masterarbeit ca. 200 bis 250 Seiten und die Anforderungen sind deutlich höher.
In der Doktorarbeit musst du zu neuen Ergebnissen kommen.
Es genügt nicht, bereits publiziertes Wissen zusammenzutragen, sondern es wird von dir ein eigener Beitrag zur Forschung erwartet. Aus diesem Grund müssen übrigens in manchen Ländern bzw. an manchen Unis Doktorarbeiten auch publiziert werden.
In die Doktorarbeit fließt sehr, sehr viel Zeit.
Diese Zeit musst du haben oder dir nehmen. Wenn du berufsbegleitend promovierst, also deine Doktorarbeit neben einem 40-Stunden-Job stemmst, wirst du deutlich länger als die zumeist vorgesehenen drei Jahre brauchen. Und das will eben gut überlegt sein.
Berufsbegleitend promovieren: Neben dem Job eine Doktorarbeit schreiben
Es macht einen großen Unterschied, ob du berufsbegleitend promovierst oder ob du dich voll und ganz auf das Schreiben deiner Doktorarbeit konzentrieren kannst. Vor allem wenn du neben einem 40-Stunden-Job promovieren möchtest, solltest du dich fragen, ob du dich fünf, sechs, sieben Jahre oder mehr immer wieder abends und/oder an den Wochenenden an deine Dissertation setzen möchtest.
Viele Studierende bringen die Disziplin auf, manche werfen das Projekt "Doktorarbeit schreiben" nach ein paar Jahren frustriert hin.
Ein Erfolgsbeispiel: Die Doktorarbeit neben einem Full-time-Job schreiben
Unlängst habe ich ein Interview mit der Agrarwissenschaftlerin Adriana Förschner geführt, die derzeit berufsbegleitend an ihrer Dissertation arbeitet. In dem Gespräch erzählt sie, wie es ihr gelingt, sich trotz 40-Stunden-Job regelmäßig an ihre Doktorarbeit zu setzen, wie sie mit Motivationslöchern umgeht.
Hier ein paar Fragen, die dir bei der Entscheidung "Doktorarbeit schreiben: Ja oder nein?" weiterhelfen können
- Was motiviert dich, eine Doktorarbeit zu schreiben? Bitte sei ganz ehrlich zu dir, wenn du diese Frage beantwortest.
- Wie ist es dir mit der Masterarbeit ergangen? Was ist dir leichtgefallen, was schwer? Was bedeutet das im Hinblick auf das Schreiben einer Doktorarbeit?
- Welchen Mehrwert bringt dir das Doktorat? Was verändert sich beruflich, wenn du ein Doktorat hast?
- Wie sieht deine Lebenssituation aus: Promovierst du neben einem Job? Wie viele Stunden arbeitest du?
- Hast du die Möglichkeit, die Arbeitsstunden im Job über eine längere Zeit zu reduzieren? Oder gibt es vielleicht die Chance, ein Stipendium für deine Promotion zu bekommen oder sogar auf einer Uni-Stelle zu promovieren?
- Wie sieht deine Lebensplanung aus: Möchtest du demnächst eine Familie gründen? Was würde es für dein Dissertationsprojekt bedeuten, wenn ein Kind in dein Leben treten würde? Was würde dein Dissertationsprojekt für die Familie bzw. speziell das Kind bedeuten?
Mein Tipp:
Schnappe dir Stift und Papier und beantworte diese Fragen schriftlich. Schreib alles auf, was dir einfällt. Und lass beim Schreiben nicht nur deinen Kopf, sondern auch dein Herz sprechen.
Mein eigener Weg zur Promotion
Wie du wahrscheinlich weißt, bin ich promoviert (hier findest du mehr Infos zu mir und meinem Weg). Ich habe 2002 auf einer Assistentenstelle an der Universität Wien promoviert. Die Promotion war Teil meines Jobs.
Ich wurde also für die Arbeit an der Dissertation bezahlt, aber die Stundenzahl, die für die Diss. zur Verfügung stand, war begrenzt.
Ich hatte eigene Lehrveranstaltungen und musste einen Lehrstuhl in Lehre, Forschung und Verwaltung unterstützen. Ich habe nonstop gearbeitet, also auch an den Wochenenden. Die Jahre der Promotion waren extrem fordernd und haben mich total ans Limit gebracht. Gleichzeitig hat mir die Forschung auch extrem viel Freude gemacht. Und natürlich habe ich gern geschrieben. Das Schreiben ist mir auch leichtgefallen.
Die Faszination der Forschung
Ich war und bin immer noch Wissenschaftlerin mit Leib und Seele. Ich habe ungeheuren Spaß daran, Forschungslücken aufzutun, Fragen zu stellen, vorhandene Ergebnisse in Frage zu stellen, Neues zu entdecken und das dann in klarer und verständlicher Weise in Textform aufzubereiten (meine Publikationsliste findest du hier).
Ich denke, dass es diese Freude und Neugier unbedingt braucht, wenn man eine Dissertation wirklich durchziehen möchte. Neben Zeit und Durchhaltekraft sind sie die Basis, um so ein Projekt abzuschließen.
Hat sich die Promotion für mich gelohnt?
Vielleicht fragst du dich jetzt: "Hat sich das für die Huberta ausgezahlt? Sie arbeitet ja jetzt nicht mehr an der Uni." Stimmt, ich arbeite nicht mehr an der Uni! Nach dem Auslaufen meiner Assistentenstelle (solche Stellen sind immer befristet), hatte ich den Wiedereinstieg in die Uni im Auge, habe mich nach Habilitationsstellen umgesehen. Aber es gab nichts Passendes und ohne Uni-Stelle wollte ich nicht promovieren.
Letztendlich habe ich dann 2012 die Schreibwerkstatt gegründet und damit meinen Platz gefunden. Als ich von der Uni Abschied genommen habe, war mein Herz sehr schwer.
Der Grund? Ich habe nicht nur gerne geforscht, sondern vor allem auch einfach total gerne unterrichtet. Und genau das, also unterrichten, Wissen weitergeben, Studierende durch mein Wissen voranbringen, mache ich auch jetzt in der Schreibwerkstatt, in Coachings und Workshops.
Hole dir hier via E-Mail kostenlos mein E-Book mit Tipps für deine Einleitung, das Abstract, das Vorwort und das Schlusskapitel!
Wenn du dich in meinen Newsletter einträgst, bekommst du auch Bescheid, sobald ich die nächste "Lange Nacht der aufgeschobenen Uni-Arbeiten"
anbiete.
Abbildungsnachweis: Bild oben: Shutterstock.com Bildnummer : 600627935 | Popartic. Freebie: Shutterstock.com, Bildnummer 404826424 | Rawpixel.com.