Primär- und Sekundärzitate in wissenschaftlichen Arbeiten

Was tun, wenn dir eine Publikation den Weg zu einer anderen Publikation weist? Diese Frage hat mir eine Teilnehmerin der letzten Schreibgruppe gestellt, nennen wir sie Franziska. Zunächst die Frage im genauen Wortlaut und dann meine Antwort, bei der es wichtig ist, auf den Unterschied zwischen einem Primärzitat und einem Sekundärzitat einzugehen.

Junge Frau mit Büchern

 

Franziskas Anliegen

 

 

Hallo, ich habe eine Frage, und zwar zum Thema Sekundärzitate bzw. dann Primärzitate:

 

Also, ich lese Müller und Müller zitiert Bauer.

Wenn ich mir dann Bauer besorge und weiterhin genau die Stelle von Bauer zitieren möchte, die Müller zitiert hat, muss ich das nicht eigentlich kenntlich machen, obwohl ich dann ja schon die Primärquelle, also in dem Fall Bauer, habe? Weil ohne Müllers Auswahl wäre mir ja nicht unbedingt klar geworden, dass die eine Stelle so relevant ist.

 

Meine Antwort: Es kommt darauf an!

Also, zunächst einmal finde ich das Bewusstsein der Fragestellerin wunderbar. Genau so soll es sein! Ihr ist klar, dass es beim wissenschaftlichen Arbeiten um Präzision geht und dass es wesentlich ist, deutlich zu machen, woher welche Information stammt. Bevor ich im Detail auf die Frage eingehe, kurz ein paar Worte zum Thema Primär- und Sekundärzitat.

 

Der Unterschied zwischen einem Primärzitat und einem Sekundärzitat

Primärzitat

Stell dir vor, du hast den Aufsatz von Person A vor dir. A publiziert in dem Aufsatz zum ersten Mal Erkenntnisse zu einem bestimmten Thema. Wenn du dann diese Erkenntnisse in deiner Hausarbeit, Bachelorarbeit, Masterarbeit oder Dissertation zitierst, dann machst du ein Primärzitat. Dabei spielt es keine Rolle, ob du aus dem Aufsatz von A etwas wörtlich oder sinngemäß zitierst. Es ist und bleibt ein Primärzitat. 

 

Sekundärzitat

Bei einem Sekundärzitat zitierst du nicht A direkt, sondern eine Autorin oder einen Autor B, die bzw. der Inhalte aus der Publikation von A wiedergibt. Du hast also nicht die Originalquelle von A vor Augen, sondern nur die Veröffentlichung von B.

 

Siehe dazu auch diese beiden Blogartikel:

 

So machst du ein korrektes Sekundärzitat in deiner Uni-Arbeit

Wann du "zitiert nach" verwenden musst

 

In diesem Fall musst du kenntlich machen, dass dein Zitat aus einer sekundären Quelle stammt, indem du beide Quellen angibst – sowohl die Originalquelle als auch die Quelle, aus der du die Information entnommen hast. Ins Literaturverzeichnis nimmst du übrigens nur die Quelle auf, die du tatsächlich gelesen hast (hier: B).

 

Liebe Franziska, nun aber wieder zurück zu deiner Frage! 

 

Transparenz – aber mit Augenmaß!

Dass du beim Lesen von Literatur auf weitere Publikationen aufmerksam wirst, ist etwas ganz Normales. Das ist das Schneeballystem der Recherche.

 

Wenn es dir in einem Fall ein besonderes Anliegen ist, Müller zu würdigen, kannst du das machen, es ist aber kein Muss. Ich würde das vom Kontext, vom Zitierstil und von der Bedeutung der Arbeit Müllers für die Forschung abhängig machen.

 

Wenn du mit Klammerbelegen arbeitest, müsstest du wohl beide Autorinnen oder Autoren im Fließtext erwähnen, um ihnen gerecht zu werden; dann gibst du ihren Arbeiten viel Raum. Wenn du mit Fußnoten arbeitest, ist es leichter. Da kannst du bei der Zitation von Bauer (im Original) ganz einfach eine Zusatzbemerkung machen. Zum Beispiel so: Der Hinweis hierauf erstmals bei Müller Jahr, S. XY.   

 

Ich hoffe, du hast nun Klarheit.

 

Ich finde es übrigens schön, dass du über solche Fragen beim Zitieren nachdenkst, liebe Franziska! Es zeigt, dass du dir sehr bewusst bist, dass es um geistiges Eigentum geht und es den einzelnen Autorinnen und Autoren gerecht zu werden gilt.

 

 

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