Die Sache mit dem Feedback im universitären Alltag

mehrere Sprechblasen auf grünem Hintergrund

 

Seit nunmehr 16 Jahren lehre ich an verschiedenen Universitäten. 10 Jahre habe ich fix angestellt an der Universität Wien unterrichtet, seit 2007 lehre ich dort und an mehreren anderen Universitäten als sog. "Externe". Es gibt inzwischen kein studentisches Problem, das mir nicht in irgendeiner Form bereits einmal begegnet ist, und auch die Seite der Lehrenden ist mir gut vertraut.

Der Dauerbrenner: Das Feedback auf die Hausarbeiten

Zu den absoluten Dauerbrennern, die im universitären Alltag für Unzufriedenheit bzw. Problemen führen, gehört das Thema "Feedback". Damit meine ich das Feedback auf schriftliche Arbeiten. Sowohl auf der Seite der Lehrenden als auch auf der Seite der Studierenden gibt es dazu oft Klagen. Auf beiden Seiten trifft man aber auch immer wieder auf eine ordentliche Portion Gleichgültigkeit. Ich möchte das Thema "Feedback" daher heute einmal hier aufgreifen und ein paar Überlegungen dazu anstellen – ohne mir ein Blatt vor den Mund zu nehmen.

Die beiden Szenarien

1. Lehrende, die ein Feedback geben & Studenten, die das nicht interessiert

Viele Lehrende korrigieren schriftliche Arbeiten sehr sorgfältig, aber die Studierenden geben sich mit der Note zufrieden und holen die Arbeiten nicht ab. Die Lehrenden bleiben auf der Arbeit sitzen! Diese Situation ist ausgesprochen ärgerlich, denn einen studentischen Text zu korrigieren, macht Mühe, und wenn diese Mühe umsonst ist, fragt man sich, wozu man sich das antut. 

2. Lehrende, die kein Feedback geben & Studenten, die sich eines wünschen

Und dann gibt es auch den umgekehrten Fall: Lehrende, die kein Feedback geben, obwohl sich ihre Studierenden eine Rückmeldung auf die Arbeiten wünschen.

Die Szenarien sind in diesem Zusammenhang vielfältig: So benoten manche Lehrende die Arbeiten, geben sie dann den Studierenden aber nicht zurück und stehen auch nicht für ein Gespräch zur Verfügung. Andere Lehrende wiederum geben die Arbeiten zurück, aber außer ein paar Wellenlinien am Rand gibt es keinerlei Kommentare, aus denen die Studierenden die Note nachvollziehen und etwas lernen können. Aus der Sicht der Studierenden ist das absolut frustrierend! Wie sollen sie sich weiterentwickeln und verbessern, wenn sie nicht wissen, was gut und was weniger gut gelaufen ist?   

Was Sie tun können oder sollten

Studierende

Schreiben hat man zwar in der Schule gelernt, für die erfolgreiche Absolvierung eines Studiums reichen die Schulkenntnisse (z.B. im Aufsatzschreiben) jedoch nicht aus. Wenn Sie ein Studium erfolgreich bewältigen wollen, müssen Sie laufend an Ihrer Schreibkompetenz arbeiten und v.a. auch verstehen, wie Wissenschaft funktioniert. Das bedeutet, Sie sollten

 

  • bereit sein, zu lernen, wie man wissenschaftlich arbeitet,
  • möglichst viel schreiben (auch abseits des Studiums),
  • ein Feedback erhalten bzw. einholen, 
  • bei jeder Arbeit genau nachvollziehen, was Ihnen gelungen ist und was nicht, 
  • aus dem Feedback lernen, also gezielt an den Schwachstellen arbeiten, um es beim nächsten Mal besser zu machen.


Schauen Sie also, dass Sie Ihre Arbeit zurückbekommen und wenn das schriftliche Feedback für Sie zu knapp oder zu wenig aussagekräftig ist, suchen Sie das Gespräch. Fragen Sie nach, was Sie beim nächsten Mal besser machen können, notieren Sie sich die Punkte und bemühen Sie sie sich, diese Punkte auch umzusetzen.

Lehrende

Die Lehre ist Teil des Jobs

 

Dass Lehrende Arbeiten ohne ausführliches Feedback zurückgeben und/oder nicht für ein persönliches Gespräch zur Verfügung stehen, ist für mich – trotz meiner langjährigen Erfahrung im Uni-Betrieb – nach wie vor erschreckend. Die drei Säulen der universitären Tätigkeit sind nun einmal Lehre, Forschung und Verwaltung. Das bedeutet: Ein Drittel der Zeit ist für die Lehre, also auch die Betreuung der Studierenden, vorgesehen. 

 

Es gibt viele Lehrende, die mit großem Engagement, viel Ausdauer und Geduld unterrichten und sich für die Studierenden engagieren. Es gibt aber auch Mitarbeiter an Universitäten, die den Aufwand für die Lehre so gering wie möglich halten.

Warum ist das so? Nun, die Arbeit an einer Universität ist meist ziemlich stressig. Zudem ist die Konkurrenz groß und wer beruflich weiterkommen möchte, sollte in erster Linie zwei Dinge tun: Drittmittel einwerben und publizieren. Für das berufliche Fortkommen zählt (ich möchte fast sagen: ausschließlich) die Forschung, nicht die Lehre. So habe ich beispielsweise noch nie gehört, dass jemand auf einen Lehrstuhl berufen wurde, weil er so ein ausgezeichneter Lehrer ist. Wer es nach oben schaffen will, muss v.a. eine lange Publikationsliste haben und seine Leistung als Forscher unter Beweis stellen.

Das hat natürlich Konsequenzen für den Lehrbetrieb: Die Studenten und ihre Bedürfnisse kommen zu kurz! So schlimm das ist, möchte ich dafür jedoch auf keinen Fall nur die Lehrenden verantwortlich machen, sondern auch das System "Universität".

Es gibt Möglichkeiten ...

Während meiner Tätigkeit als Assistentin habe ich das System "Universität" hautnah erlebt. Und natürlich habe ich auch für die Lehrenden Verständnis. Besonders viel Verständnis habe ich für diejenigen, die nicht fix angestellt sind und für die es tagtäglich bei allem, was sie tun oder nicht tun, um die Zukunft und die Existenz geht.

Allerdings kann jeder Lehrende nach Wegen suchen, wie er Studierende mit einem vernünftigen Zeit- und Ressourceneinsatz gut betreuen kann. Mit ein wenig Kreativität lassen sich solche Wege finden!

Hier zwei Wege, mit denen ich gute Erfahrungen mache:

 
1. Viele Studierende tun sich mit dem Formulieren schwer. Sammeln Sie unter bestimmten Gesichtspunkten (z.B. Mammutsätze, Satzzeichen etc.) ein paar Beispiele für schlecht formulierte Sätze und lassen Sie sie überarbeiten. Besprechen Sie die Überarbeitung mit den Studierenden in der Lehrveranstaltung. Dazu brauchen Sie nicht viel Zeit (für 3 Satzbeispiele brauchen Sie maximal 15 Minuten). Die Studierenden üben an praktischen Beispielen das Überarbeiten (das ja auch erst einmal gelernt werden muss) und erhalten von Ihnen direkt ein Feedback. Der Lerneffekt ist erfahrungsgemäß groß, die Diskussion der Lösungen macht den Studierenden Spaß und Sie selbst haben keinen Korrekturaufwand.

2. In der Regel geben die Studierenden ihre Arbeiten am Ende des Semesters ab. Planen Sie einen Termin zu Beginn des folgenden Semesters ein, an dem Sie den Studierenden ihre Arbeiten zurückgeben und ihnen die Möglichkeit bieten, alles zu fragen, was ihnen unklar ist. Zeigen Sie auf, was den Studierenden insgesamt gut gelungen ist, sprechen Sie aber auch die häufigsten Fehler an. So bleiben Sie nicht auf den Arbeiten sitzen und können ein umfassendes Feedback geben. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass bei einer sorgfältig korrigierten Arbeit in Kombination mit einer gemeinsamen Nachbesprechung nur mehr in Ausnahmefällen Sprechstundentermine notwendig sind.

Fazit

Schreiben kann man lernen, Schreiben kann und muss man lehren. Und ohne Feedback ist die Wahrscheinlichkeit, dass Studierende ihre Schreibkompetenz weiterentwickeln gering. Ich persönlich sehe allerdings auf beiden Seiten Handlungsbedarf: Studierende sollten sich um ein Feedback bemühen und Lehrende sollten bereit sein, Feedback zu geben. Gleichgültigkeit ist kein Weg.

Abbildungsnachweis:

Shutterstock.com: Bildnummer: 211883779, Urheberrecht: Cindy Lee