Die Frage, was man tun muss, um Lektorin bzw. Lektor zu werden, wird mir mehrmals im Jahr gestellt. Meist von jungen Leuten, die sich für die deutsche Sprache begeistern oder die gerade ein Praktikum in einem Verlag absolviert haben und nun an dem Beruf interessiert sind.
Auf diese Frage gibt es allerdings keine klare Antwort: Der Werdegang ist nicht geregelt.
Es gibt weder eine Lehre noch ein Studium, das man absolvieren muss, um den Beruf ausüben zu können. Die Bezeichnung "Lektorin" bzw. "Lektor" ist auch nicht geschützt. Letztendlich kann sich jede/-r so bezeichnen, was die Suche nach einer guten Lektorin bzw. einem guten Lektor für Autorinnen und Autoren nicht gerade einfach macht.
Aber zurück zur Frage vom Anfang, die ich zunächst einmal nicht mit dem Hinweis auf einen bestimmten Ausbildungsweg, sondern auf die Fähigkeiten beantworten möchte, die eine Lektorin oder ein Lektor haben sollte.
Lektorin bzw. Lektor werden
Was muss eine Lektorin oder ein Lektor können?
In meinen Augen braucht sie bzw. er
- ausgezeichnete Kenntnisse auf den Gebieten Rechtschreibung und Grammatik,
- ein gutes Sprachgefühl,
- die Fähigkeit, sich sowohl in eine Autorin bzw. einen Autor als auch in deren bzw. dessen Leserschaft hineinzuversetzen,
- ein breites Allgemeinwissen,
- ein hohes Maß an Präzision,
- Geduld, Geduld und nochmals Geduld.
Und schließlich sollte sie bzw. er viel lesen – Bücherwürmer bzw. Leseratten sind in dieser Zunft besonders verbreitet. Wer nicht gerne und viel liest – und zwar auch in der Freizeit! –, bringt in meinen Augen nicht die Voraussetzungen für den Beruf mit. So wie in jedem anderen Metier gehören nämlich auch in diesem regelmäßige Weiterbildungen dazu, wenn man hohe Standards halten möchte. Und ein gutes Sprachgefühl muss eben durch das Lesen guter Texte genährt werden.
Wie wichtig ist ein Studium, wenn man Lektorin bzw. Lektor werden möchte?
Abhängig davon, worauf sich die Lektorin bzw. der Lektor spezialisiert, ist ein Studium als Voraussetzung für die Ausübung dieses Berufs sicherlich sinnvoll. Wenn jemand Bachelorarbeiten, Masterarbeiten, Dissertationen oder andere wissenschaftliche Publikationen korrigiert, ist es meiner Meinung nach unbedingt notwendig, dass er oder sie selbst mehrere wissenschaftliche Arbeiten geschrieben hat.
Wer Belletristik lektoriert, wird mit einem Germanistikstudium oder einem Studium der Literaturwissenschaft gut bedient sein. Wer sich auf das Lektorat von juristischen Publikationen spezialisiert, wird diese Arbeit vor allem dann bestmöglich erledigen, wenn ihr oder ihm juristische Zusammenhänge, Quellen und vor allem die Fachterminologie vertraut sind.
Gleichzeitig gibt es natürlich auch Texte, bei denen kein spezifisches Fachwissen notwendig ist. Dazu zählen Kundenmagazine, Flyer oder auch Websites, sofern sich diese an eine breite
Öffentlichkeit wenden. In diesen Fällen genügt es, wenn die Lektorin bzw. der Lektor die oben angeführten (Grund-)Voraussetzungen mitbringt.
PS: Falls Sie Lektorin oder Lektor sind und durch den Artikel vielleicht auf die Idee kommen, dass Sie sich in der Schreibwerkstatt bewerben könnten, muss ich Sie leider enttäuschen. Ich
möchte mein kleines Team nicht erweitern. Sollten Sie als Lektorin bzw. Lektor an einem Gegenlektorat interessiert sein (zum Beispiel, weil Sie noch ganz am Anfang Ihrer beruflichen Laufbahn
stehen), können Sie uns gerne kontaktieren.
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