Meine erste wissenschaftliche Arbeit ...

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... war ein echter Flop! Ich habe auf diese Arbeit – es ging um die österreichischen Impressionisten – ein "Genügend" bekommen, und das war auch richtig so. Ich hatte damals nämlich überhaupt keine Ahnung, wie man wissenschaftlich arbeitet, und dementsprechend schlecht war meine Proseminararbeit dann eben auch.

Was ich damals nicht wusste

Ich hatte damals (die Geschichte ist rund 25 Jahre her) keine Ahnung,

  • wie man Literatur sucht. Ich bin einfach in die Bibliothek der "Österreichischen Galerie Belvedere", also in die Bibliothek eines großen Wiener Museums, das Bilder von österreichischen Impressionisten besitzt, gestapft und habe ein paar Bücher zu meinem Thema gelesen. Systematisch bibliografiert habe ich nicht. Ich wusste ja auch nicht, dass ich das machen sollte und wie das geht. Ich dachte einfach: Ich trage ein paar Informationen zusammen, und das war's dann!
  • dass man die Literatur kritisch lesen und auswerten sollte. Autorinnen und Autoren vertreten längst nicht alle dieselbe Meinung, sie kommen oft auch zu unterschiedlichen Ergebnissen. Außerdem verändert sich im Laufe der Zeit der Wissenstand. Solche Dinge sollte man als Student in der schriftlichen Arbeit darlegen. Auch davon hatte ich keine Ahnung.
  • wann, warum und wie man Fußnoten setzt bzw. wie man zitiert.
  • wie man eine Bibliografie schreibt.

Warum ich davon keine Ahnung hatte, ist leicht erklärt: Es hat mir damals niemand gesagt, dass eine wissenschaftliche Arbeit eigenen Gesetzen gehorcht. Das wissenschaftliche Arbeiten war in dem Proseminar, das ich damals besucht habe, überhaupt kein Thema.

Wissenschaftliches Arbeiten kann man lernen

Nun, ich habe das Studium letztendlich geschafft, sogar mit Auszeichnung. Aber nicht nur das, ich habe an dem Institut, an dem ich studiert habe, 10 Jahre als Assistentin gearbeitet. Ja, ich bin letztendlich sogar Wissenschaftlerin geworden und habe allerhand publiziert (als Wissenschaftlerin bin ich übrigens – neben meiner Tätigkeit als Texterin, Schreibcoach und Social-Media-Beraterin – nach wie vor aktiv).

 

Was ich damit sagen will? Ganz einfach: Das wissenschaftliche Arbeiten kann man lernen. Es ist keine Frage des Talents, sondern einfach eine Frage des Wissens und der Übung. Im Unterschied zu meinen Studienzeiten gibt es heute an den meisten Universitäten oder Fachhochschulen schriftliche Unterlagen zum wissenschaftlichen Arbeiten und oft sogar Einführungen in das Thema. Außerdem boomt der Ratgebermarkt: Wer an seiner Uni oder FH keine Unterstützung bekommt, kann jederzeit zu einem der zahlreichen Schreibratgeber greifen. 


Ja, das Handwerk des wissenschaftlichen Arbeitens kann man lernen, aber nicht von heute auf morgen! Und wer es nicht erlernt, wird sich im Studium schwer tun. Das ist wie beim Autofahren: Wenn Sie zum Beispiel nach Jesolo fahren wollen und keine Ahnung vom Autofahren haben, werden Sie dort nie ankommen. Und wenn Sie nur eine ungefähre Ahnung haben, sich aber letztendlich in vielen Dingen noch unsicher sind, weil Sie eben erst den Führerschein gemacht haben, werden Sie zwar in Italien ankommen, aber bestimmt länger brauchen als ein routinierter Autofahrer.  


Vielleicht fragen Sie sich jetzt, wie ich das wissenschaftliche Arbeiten gelernt habe? Ich habe mir nach der schlecht benoteten Arbeit die Zitierregeln des Instituts genommen und mehrere Aufsätze gelesen, bei denen diese Regeln angewandt wurden (das waren alle Aufsätze im "Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte", das "mein" Institut herausgibt). Außerdem habe ich ab sofort bei jedem wissenschaftlichen Text darauf geachtet, wie der Autor vorgegangen ist. Wo hat er eine Fußnote gesetzt? Warum hat er eine Fußnote gesetzt? Was hat er in die Fußnoten gepackt? Ich habe mir also letztendlich abgeschaut, wie man wissenschaftlich arbeitet – und der entsprechende Erfolg hat sich rasch eingestellt. 

Was Sie selbst tun können

Trotz der Hilfsmittel, die es inzwischen gibt, klagen viele Studenten, dass sie sich nicht auskennen. Oft habe ich den Eindruck, dass sie gar nicht wissen, wie bzw. wo man sich informieren kann. Es kommt immer wieder vor, dass Studenten an der Abschlussarbeit (!) sitzen und nicht wissen, wie man Literatur recherchiert, wie man sie auswertet und wie man zitiert. Ganz klar, dass sie dann mit dem Schreiben Schwierigkeiten haben! Aus der mangelden Kenntnis um das wissenschaftliche Arbeiten kommt übrigens auch die Angst vieler Studenten vor der Plagiatsprüfung. Eigentlich sollte kein Student Angst vor der Plagiatsprüfung haben, weil er am Ende seines Studiums wissen sollte, wie man "sauber" wissenschaftlich arbeitet. Gelassen der Plagiatsprüfung entegegensehen, das wäre das Ziel! 

 

Nun aber abschließend einige Tipps: Sollten Sie noch wenig oder gar keine Erfahrung mit dem wissenschaftlichen Arbeiten haben,

  • machen Sie eine Führung in der Bibliothek Ihrer Universität bzw. FH. Die meisten Bibliotheken bieten nicht nur Überblicksführungen, sondern auch zahlreiche Spezialkurse an. Nutzen Sie dieses unentgeltliche Angebot! Wenn Sie in Wien studieren, sollten Sie auf jeden Fall mit der Universitätsbibliothek und die Österreichischen Nationalbibliothek gut vertraut sein. BWL-Studenten müssen darüber hinaus natürlich die Bibliothek der WU Wien, Medizin-Studenten die Bibliothek im AKH usw. kennen.
  • machen Sie sich mit den diversen OPACs vertraut. Es ist sinnlos, in die einzelnen Suchmaschinen der Bibliotheken einfach wahllos irgendwelche Schlagwörter einzufüttern. Sie müssen wissen, welche Publikationen in welchem OPAC erfasst sind (zum Beispiel erfasst nicht jeder OPAC Aufsätze). Den virtuellen Katalog Karlsruhe sollten Sie übrigens auf jeden Fall kennen – egal, welches Fach Sie studieren.
  • fragen Sie an Ihrer Uni oder Ihrer FH nach, ob es spezielle Zitierregeln gibt, an denen Sie sich orientieren können bzw. vielleicht sogar müssen. Lesen Sie diese Zitierregeln auch (klingt banal, ist es aber aus meiner Erfahrung nach nicht). Legen Sie die Zitierregeln neben den PC, wenn Sie Ihre Arbeit schreiben, so dass Sie dort immer wieder nachschauen können. Ich mache das als Wissenschaftlerin auch so, wenn ich mit Regeln arbeite, die ich noch nicht so gut kenne. 
  • fragen Sie den Betreuer Ihrer Arbeit, wenn Ihnen etwas unklar ist. Viele Studenten klagen über ihre Unsicherheiten, fragen aber gleichzeitig nicht nach. Also, trauen Sie sich und fragen Sie ruhig! Und zwar am besten in der Lehrveranstaltung. Sie werden sehen, Ihre Studienkollegen werden Ihnen dankbar sein, denn sie trauen sich oft auch nicht, eine Frage zu stellen.
  • arbeiten Sie einmal drei Aufsätze aus renommierten Zeitschriften Ihres Fachs durch und stellen Sie sich folgende Fragen: Wann und wo belegt der Autor? Wann zitiert er wörlich, wann sinngemäß? Wenn die Aufsätze (die ja unselbständige Literatur darstellen) keine eigene Bibliografie haben (was oft der Fall ist), greifen Sie zu einer selbständigen Publikation und schauen Sie sich dort einmal die Bibliografie an. Mir hat das in meinen Studienzeiten unglaublich viel gebracht! Sie wissen nicht, zu welcher Zeitschrift bzw. zu welcher selbständigen Publikation Sie greifen sollen? Dann fragen Sie in einer Fachbibliothek nach. Bibliothekarinnen und Bibliothekare sind in der Regel sehr freundliche und hilfsbereite Menschen. :)  
  • besorgen Sie sich einen der zahlreichen Schreibratgeber. Solche Ratgeber finden Sie u.a. in Universitätsbibliotheken und in Buchhandlungen in der Nähe von Universitäten (in Wien haben die Buchhandlungen Kuppitsch, beim Schottentor, und Thalia Wien Mitte eine gute Auswahl). 

Haben Sie Fragen zum wissenschaftlichen Arbeiten? Dann nutzen Sie die Kommentarfunktion dieses Artikels und fragen Sie einfach nach!

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