Die erste Publikation stellt viele Studierende vor allerhand Fragen, zumal sie ja nichts falsch machen möchten. Heute ein paar Tipps, wie Sie – ausgehend von Ihrer Bachelorarbeit oder Masterarbeit – Ihre erste Publikation anpacken. Dabei werde ich auch auf die Frage zu sprechen kommen, wie gut denn Ihre Uni-Arbeit ist, also wie viel Neues und für die Fachwelt daher Relevantes sie beinhaltet.
Szenario 1: Sie wurden von einer Redaktion gefragt, ob Sie einen Artikel in der Fachzeitschrift XY schreiben möchten.
In diesem Fall ist es zunächst wichtig, sich klarzumachen, dass eine Uni-Arbeit kein Aufsatz ist. In einem Aufsatz werden wissenschaftliche Ergebnisse in der Regel in wesentlich komprimierterer
Form vorgestellt als in einer Bachelor- oder Masterarbeit. Straffen Sie also die Einleitung, den Forschungsstand, die Methodenreflexion und die Zielsetzung. Viel mehr als zwei oder drei A4-Seiten
sollten diese „Pflichtübungen“ in einem Aufsatz nicht umfassen.
Formulieren Sie einen spannenden Einstieg, der die
LeserInnen förmlich in das Thema hineinzieht. Ihre Gutachter mussten Ihre Uni-Arbeit lesen, jetzt ist das anders. Ihr Text wird vor allem dann gelesen, wenn er Neues referiert und die Ergebnisse
möglichst kompakt und interessant aufbereitet sind.
Und damit sind wir bei einem anderen wichtigen Punkt: Überlegen Sie, was wirklich neu in Ihrer Bachelor- oder Masterarbeit ist, und konzentrieren Sie sich darauf. Straffen Sie alle Abschnitte, in denen Sie bereits Bekanntes referieren. Gehen Sie nur auf die Punkte ein, die die Leserin bzw. der Leser tatsächlich braucht, um Ihre Ergebnisse nachvollziehen zu können.
Und apropos LeserInnen: Die sollten Sie immer im Auge behalten. Stellen Sie sich folgende Fragen, bevor Sie mit dem Umschreiben Ihrer Bachelor- oder Masterarbeit beginnen:
- Wer sind meine LeserInnen?
- Welches Vorwissen haben sie?
- Welchen Nutzen haben sie, wenn sie meinen Text lesen?
- Was erfahren sie Neues?
Szenario 2: Sie möchten ausgehend von der Bachelor- oder Masterarbeit einen Aufsatz publizieren und wissen noch nicht, wo.
Dann sollten Sie natürlich auch die Tipps für das Szenario 1 im Auge behalten, erst einmal müssen Sie aber einen Publikationsort finden. Wenn Ihre Bachelor- oder Masterarbeit ausgezeichnet ist, sollte das durchaus machbar sein. Ich empfehle Ihnen, vorab einmal kurz mit Ihrer Betreuerin oder Ihrem Betreuer über Ihre Idee zu sprechen. Danach schreiben Sie ein kurzes Exposé und bewerben sich damit beim Redaktionsteam der Fachzeitschrift, in die Ihr Thema passt (natürlich unter Hinweis auf Ihre Bachelor- oder Masterarbeit). Wenn Ihre Betreuerin bzw. Ihr Betreuer einen direkten Draht zur Redaktion hat, wird sie bzw. er Ihnen sicher bei der Weichenstellung helfen.
Szenario 3: Sie wurden von einem Verlag gefragt, ob Sie Ihre Uni-Arbeit bei ihm publizieren möchten.
Vorsicht, Vorsicht! In der Regel handelt es sich dabei um ein Angebot, das Sie sehr genau unter die Lupe nehmen sollten.
Es gibt Verlage, die sich im Web systematisch über abgeschlossene Uni-Arbeiten (vor allem Masterarbeiten) informieren und dann die Autorinnen und Autoren anschreiben. Für die Qualität der Arbeit
interessieren sich die Verlage nicht – Hauptsache, sie haben Publikationsfutter und verdienen Geld.
Und damit sind wir bei einem ganz wichtigen Punkt.
Wie gut ist Ihre Arbeit? Wie viele neue Erkenntnisse beinhaltet sie?
Nur wenige Masterarbeiten (geschweige denn Bachelorarbeiten) sind so gut, dass sie publikationswürdig sind. Ein „Sehr Gut“ bedeutet, dass die Uni-Arbeit eben „sehr gut“ ist, dass die Studierenden
also alle Anforderungen, die an eine Masterarbeit gestellt werden, erfüllt haben. Dass die Arbeit genug neue Erkenntnisse beinhaltet, damit sie auch für die wissenschaftliche Community relevant
ist, bedeutet das noch nicht.
Wenn Sie die Qualität Ihrer Arbeit schwer einschätzen können, sprechen Sie mit ihrer Betreuerin bzw. Ihrem Betreuer. Sie oder er wird Ihnen sicher offen sagen, inwiefern Ihre Arbeit
publikationstauglich ist oder nicht.
Aufsatz oder Buch?
Und sollte ihre Arbeit tatsächlich richtig gut sein, dann publizieren Sie sie! Werfen Sie zuvor aber allen Ballast ab, der für Uni-Arbeiten charakteristisch ist (langatmige Begriffsdefinitionen, seitenlange Wiedergabe bekannter Theorien etc.), straffen Sie den Text und machen Sie, das ist mein Rat, einen prägnant formulierten Aufsatz aus ihm – womit wir wieder bei Szenario 1 und 2 wären.
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