Pragmatismus beim wissenschaftlichen Arbeiten und Schreiben

Pragmatisch vorzugehen kann dir helfen, wenn du bei deiner Bachelorarbeit, Masterarbeit oder Dissertation zu Perfektionismus tendierst.

 

In jeder Online-Schreibgruppe geht es um das Thema "Perfektionismus". Die meisten Studierenden haben nämlich eine Antreiberstimmer, die Dinge sagt wie:

 

Du bist nicht genug.

Du musst perfekt sein.

Streng dich an, sonst wird das nie etwas.

 

Ja, und weil der Perfektionismus eben auch sehr quälend ist, beschäftigen wir uns dann in der Schreibgruppe auch mit der Frage, was es bedeutet, pragmatisch bei einer Hausarbeit, Bachelorarbeit, Masterarbeit oder Dissertation vorzugehen. In diesem Beitrag möchte ich dir gern zeigen, was funktioniert und was nicht.

 

Was ist Pragmatismus?

Pragmatisch vorzugehen bedeutet, dass du

  • zielorientiert arbeitest,
  • dich nicht verzettelst und 
  • dich auf das konzentrierst, was gerade ansteht.

Je mehr Uni-Arbeiten du im Laufe deines Studiums geschrieben hast, desto leichter wird dir das fallen.

 

Was übrigens nicht klappt: Dich nur so weit anzustrengen, dass du eine bestimmte Note bekommst. Was meine ich damit? Es ist absolut legitim, wenn du dir sagst: "Die Note ist mir egal. Ich möchte einfach nur fertig werden." Aber es ist nicht möglich, dass du dich gezielt so weit anstrengst, dass es ein Genügend wird. Dazu sind die Grenzen zwischen den Noten zu fließend.

 

Pragmatismus: Tipps für deine Hausarbeit oder Abschlussarbeit

Starte niemals ohne Exposé!

Du brauchst zu Beginn einen Plan. Du musst eine klare Vorstellung haben, worum es in der Arbeit gehen soll, was deine Forschungsfragen sind und mit welchen Methoden du arbeiten wirst. Das bedeutet, dass du nach einer Einarbeitungsphase, die natürlich auch eine Literaturrecherche inkludiert, ein Exposé für deine Bachelorarbeit, Masterarbeit oder Dissertation schreiben solltest. Achte darauf, dass dein Exposé ein Inhaltsverzeichnis (Gliederung) mit vorläufigen Seitenvolumina pro Hauptkapitel hat. So ein Inhaltsverzeichnis brauchst du übrigens auch, wenn du gerade eine Hausarbeit schreiben musst.

 

Eigne dir Recherchekompetenz an.

Suche Literatur nicht nach dem Prinzip "Versuch und Irrtum", sondern lerne, wie du gezielt wissenschaftliche Publikationen recherchierst. Erste Anlaufstelle, um dir dieses Know-how anzueignen, sind die Universitätsbibliotheken, die Schulungen anbieten. Du musst wissen, wie du sowohl Bücher als auch Aufsätze (unselbstständige Publikationen) findest, wie ein OPAC funktioniert und welche Datenbanken für dich relevant sind. Google und Google Scholar sind nicht die Mittel der Wahl für eine solide Literaturrecherche.

 

Fasse das Thema möglichst eng.

Fasse das Thema möglichst eng. Je kleiner dein Thema ist, desto überschaubarer ist die Literatur und desto seltener wirst du beim Schreiben ins Uferlose abdriften.

 

Behalte deine Forschungsfragen im Auge.

Frag dich immer mal wieder, worum es in deiner Uni-Arbeit wirklich geht. Also, was sind die zentralen Forschungsfragen? Auf welche Fragen musst du unbedingt eine Antwort geben und welche berühren dein Thema nur am Rande? Dir diese Fragen regelmäßig zu stellen, kann hilfreich sein, wenn du dazu tendierst, dauernd neue gedankliche Schauplätze aufzumachen und dich darin zu verlieren.

 

Schreibe erst mal eine Rohfassung. Überarbeitet wird später!

Befreie dich von der Vorstellung, dass Menschen sofort druckreif schreiben. Das ist nämlich nicht der Fall. Höre auf, an jedem Satz so lange zu feilen, bis er absolut perfekt ist. Schau, dass du erst einmal deine Gedanken aufs Papier bringst, überarbeitet wird im nächsten Schritt, und zwar mehrfach.

 

Bis ein Text richtig gut ist, braucht es mehrere Überarbeitungsphasen. Ganz am Ende kannst du deine Uni-Arbeit durchaus auch lektorieren lassen. Gerade wenn du zu Mammutsätzen tendierst und/oder nicht fit in Rechtschreibung und Grammatik bist, ist ein Korrektorat oder Lektorat deiner Bachelorarbeit, Masterarbeit oder Dissertation eine gute Option.

 

Hol dir Feedback von deiner Betreuerin bzw. deinem Betreuer.

Erfahrungsgemäß scheuen sich viele Studierende, ihre Betreuerin bzw. ihren Betreuer zu kontaktieren. Manche Studierende arbeiten monatelang oder sogar jahrelang vor sich hin, ohne jemals zwischendurch mit der Betreuerin oder dem Betreuer zu sprechen.

 

Mein Rat: Wenn du nicht weißt, wo du gerade stehst, ob deine Hausarbeit, Bachelorarbeit, Masterarbeit oder Doktorarbeit gut genug ist (das ist die Frage, die Studierende am meisten beschäftigt, ja oft sogar richtig quält), schicke deiner Betreuerin bzw. deinem Betreuer das Inhaltsverzeichnis und ein Kapitel und bitte sie bzw. ihn um ein Feedback.

 

Schreib in das begleitende E-Mail unbedingt deine Fragen.

Zum Beispiel:

  • Zitiere ich richtig?
  • Ist die Argumentation Ihrer Meinung nach präzise und gut nachvollziehbar?
  • Was denken Sie über meinen schriftlichen Ausdruck (Satzbau, Satzlänge etc.)? 

 

Hol dir Hilfe in Form eines Coachings.

Je mehr du dich verzettelst und je länger du für dein Schreibprojekt brauchst, desto belastender wird das Ganze. Die Belastung steigt von Woche zu Woche, von Monat zu Monat, bis die Situation unerträglich wird und oft gar nichts mehr geht. Traurigkeit, Angst und Panik sind keine Seltenheit, wenn sich die Situation zuspitzt. Das lässt sich vermeiden, indem du dir Hilfe holst. Ghostwriting ist tabu, Beratung ist hingegen erlaubt und oft sinnvoll.

 

Im Unterschied zu deiner Betreuerin oder deinem Betreuer bekommst du von einem Coach keine Note. Sie oder er betreut dich auf Augenhöhe. Das einzige Ziel ist, dich zu unterstützen!

 

Achte bitte darauf, ob das Angebot seriös ist, welchen akademischen Abschluss und wie viel Erfahrung die/der Coach hat. Ich selbst bin promoviert, habe jede Menge publiziert und vor allem viele Jahre an der Uni Wien als Assistentin gearbeitet. Mehr Infos zum Thema "Coaching" findest du hier.  

 

Ein paar Tipps zum Schluss:

Mach Pausen und sorge gut für dich.

Vergiss nicht, dass Pausen und Selbstfürsorge wichtig sind. Es mag verführerisch sein, wie wild zu powern, aber das kann schnell zu Erschöpfung führen und sich auf die Arbeitsqualität auswirken. Schau, wie viele Stunden du tatsächlich neben deinem Job noch an deiner Bachelorarbeit, Masterarbeit oder Dissertation arbeiten kannst.

 

Viele Studierende möchten gern von mir wissen, wie viele Stunden sie in ihr Schreibprojekt investieren können. Tatsächlich kannst aber nur du herausfinden, was für dich machbar ist und wo du dich noch in deiner Wohlfühlzone bewegst. Ich stecke nicht in deinem Körper und nicht in deinem Leben.

 

Plane genug Pausen ein und nutze diese Zeit, um dich zu entspannen und deine Batterien wieder aufzuladen. Ob ein kurzer Spaziergang, Sport, Treffen mit Freunden oder einfach nur ein Moment der Ruhe – diese Auszeiten sind unerlässlich, um den Kopf frei zu bekommen und die Energiespeicher aufzufüllen.

 

Sei freundlich mit dir!

Du hast gesehen: Know-how im Hinblick auf das Handwerk des wissenschaftlichen Arbeitens und Schreibens und Erfahrung in der Anwendung sind hilfreich. Wenn du bereits mehrere Arbeiten geschrieben hast, bist du vielleicht schon sattelfest in der Recherche und verzettelst dich weniger. Wenn du schon mal ein Exposé für deine Bachelorarbeit geschrieben hast, weißt du, wie das dann bei deiner Masterarbeit läuft.

 

Solltest du im Studium bislang nur wenige oder vielleicht sogar gar keine wissenschaftlichen Arbeiten geschrieben haben, ist es besonders schwer, pragmatisch vorzugehen. Dabei hilft vor allem eines: Geduld!

 

Behandle dich wie eine gute Freundin oder einen guten Freund!

Und egal, wie viel Erfahrung du hast: Immer mal wieder wird Frust entstehen, vielleicht kommen auch Ängste auf. Wenn du dir öfter denkst, "Das schaffe ich nie", "Ich bin zu langsam", "Ich kann das nicht", hab im Auge, dass das normal ist. So eine große Arbeit zu stemmen, ist einfach eine riesige Aufgabe, auch emotional.

 

Ein freundlicher Umgang mit dir selbst ist einer der Schlüssel, um gut voranzukommen. Diese freundliche Stimme braucht aber Training.

 

Wir müssen sie jeden Tag aufs Neue kultivieren und ihr Raum geben (auch ich). Behandle dich so, wie du eine gute Freundin bzw. einen guten Freund behandeln würdest. Es ist neben dem Pragmatismus das wichtigste Erfolgsrezept für das Schreiben einer Hausarbeit, Bachelorarbeit, Masterarbeit oder Dissertation. Ich spreche aus Erfahrung! :)

 

 

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Verfasst am 11.6.2022.

Zuletzt aktualisiert am 18.11.2023.