Das hätte ich gerne gewusst, als ich die Schreibwerkstatt gegründet habe!

Post-its mit Fragen zur Selbstständigkeit


2007 ist meine befristete Assistentenstelle an der Universität Wien ausgelaufen. Bald danach habe ich begonnen, als Selbstständige zu arbeiten  freilich immer mit dem Hintergedanken, mir wieder einen fixen Job zu suchen. 2011 habe ich mich dann endgültig dagegen entschieden, erneut ein Anstellungsverhältnis anzupeilen. Ja, und 2012 habe ich mit der Schreibwerkstatt schließlich mein eigenes Unternehmen gegründet.

 

Rückblickend war diese Entscheidung goldrichtig. Im Zuge meines Findungsprozesses musste ich freilich allerhand Hürden nehmen, von denen ich vorab überhaupt nichts geahnt hatte. Besonders schwierig war es, dass ich oft nicht wusste, was ich auf dem Weg in die Selbstständigkeit alles bedenken musste und woher ich die Infos bekommen könnte. An dieser Stelle möchte ich einhaken.

Claudia Kauscheder von Abenteuer Homeoffice hat zu einer Blogparade zum Thema Wenn ich DAS vorher gewusst hätte! aufgerufen. Bekanntlich ist man ja hinterher immer klüger. Man ist seinen Weg gegangen, hat vielleicht auch Umwege gemacht, ist gestolpert und wieder aufgestanden.

 

Ich kann mir vorstellen, dass meine Erfahrungen für andere hilfreich sind. In diesem Blogartikel gehe ich deshalb auf die fünf wichtigsten Fragen ein, die im Zuge der Gründung der Schreibwerkstatt aufgetaucht sind:

 

  • Wo versichere ich mich?
  • Brauche ich einen Gewerbeschein?
  • Was ist das Firmenbuch?
  • Wie komme ich zu einer Website?
  • Brauche ich eine Steuerberaterin bzw. einen Steuerberater?

 

 

Ich habe diesen Artikel übrigens bewusst persönlich gehalten, denn ich gebe hier einen persönlichen Einblick mit persönlichen Tipps und keine verbindlichen Rechtsauskünfte. Außerdem gelten die Tipps zur Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung sowie zum Gewerbeschein speziell für Österreich.

Wo versichere ich mich?

Post-it mit der Frage "Wo versichere ich mich"?

Als Angestellte musste ich mir darüber keine Gedanken machen. Ich war automatisch über den Arbeitgeber sozialversichert. Wie aber läuft das als Selbstständige? Wie komme ich zu einer Krankenversicherung, wie zu einer Pensionsversicherung?

 

Für alle Selbstständigen ist die SVA die Anlaufstelle für diese Fragen. Hier können Sie sich nicht nur versichern, ab einem Jahreseinkommen in Höhe von etwas mehr als 5.000 Euro müssen Sie das. Es besteht Meldepflicht.


Mein Tipp: Verschaffen Sie sich zuerst auf der Website der SVA einen Überblick und lassen Sie sich dann vor Ort beraten. Für mich war die Erstberatung mit einer großen Erleichterung verbunden: Aha, so kompliziert ist das gar nicht!

Brauche ich einen Gewerbeschein?

Post-it bezeichnet: "Gewerbeschein"?

Die zweite wichtige Anlaufstelle war die Wirtschaftskammer. Mithilfe der WKO können Sie herausfinden, ob Sie einen Gewerbeschein brauchen oder nicht. Es gibt nämlich drei Arten von Tätigkeiten:

  • Tätigkeiten, die Sie ohne Gewerbeschein ausüben können,
  • Tätigkeiten, für deren Ausübung ein Gewerbeschein verpflichtend ist, wobei Sie den Gewerbeschein ohne Nachweis bestimmter Prüfungen oder beruflicher Vorerfahrungen bekommen, und
  • Tätigkeiten mit Gewerbeschein, den Sie nur erhalten, wenn Sie verschiedene Bedingungen erfüllen.

Mein Tipp: Lesen Sie zunächst einmal den Artikel Wann benötigt man eine Gewerbeberechtigung? auf der Website der WKO. Und wenn Sie dann noch Fragen haben, rufen Sie auf der WKO an oder gehen Sie zu einem Beratungsgespräch. Die Mitarbeiter/-innen dort sind ausgesprochen geduldig und helfen Ihnen weiter. Sie werden sehen: Wenn Sie in Sachen Gewerbeschein Klarheit haben, fällt Ihnen ein weiterer Stein vom Herzen.

 

Ich selbst bin übrigens Mitglied der WKO und habe einen Gewerbeschein (Sparte Werbung und Marktkommunikation). Die Mitgliedschaft in der WKO kostet natürlich etwas, umgekehrt haben Sie auch für verschiedene Fragen (u.a. im Rechtsbereich) immer kompetente Ansprechpartner/-innen. Als Ein-Personen-Unternehmer/-in steht Ihnen zudem das Kursangebot des WKO-Forums Wien offen. 

Was ist das Firmenbuch?

Post-it bezeichnet "Firmenbuch"?

Als ich das erste Mal auf der WKO war, wurde ich von einer freundlichen Mitarbeiterin gefragt, ob ich denn ins Firmenbuch bzw. Handelsregister eingetragen werden möchte. Großes Erstaunen: "Handelsregister?" Als die Dame hinzufügte: "Die Kosten für die Eintragung übernehmen wir", stammelte ich ahnungslos: "Ja".

 

Heute weiß ich: Einzelunternehmer können sich freiwillig ins Firmenbuch eintragen lassen. Erst wenn man in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren einen Umsatz von mehr als 700.000 Euro oder aber in einem Jahr einen Umsatz von über 1.000.000 Euro erzielt, ist die Eintragung ins Firmenbuch ein Muss.

 

Mein Tipp: Lassen Sie Ihr Unternehmen ruhig beim zuständigen Handelsgericht ins Firmenbuch eintragen, auch wenn Umsätze in der angeführten Höhe für Sie unerreichbar sind. Für mich hat das gefühlsmäßig viel verändert: Ich war plötzlich keine Selbstständige mehr, sondern Unternehmerin!

 

Übrigens werden Sie beim Handelsgericht nach dem Namen Ihres Unternehmens gefragt. Da ich bereits seit 2007 eine kleine (optisch gar nicht ansprechende) Website mit der Domain www.schreibwerkstatt.co.at hatte, habe ich nicht lange nachgedacht und mich für Schreibwerkstatt entschieden. Das Handelsgericht hat geprüft, ob der Name frei ist – war er!

Brauche ich eine Steuerberaterin bzw. einen Steuerberater?

Post-its bezeichnet: "Steuererklärung"?

Ich hatte bereits in meiner Zeit als Angestellte eine Steuerberaterin und daher lag es auf der Hand, daran nichts zu ändern. Würde ich heute gründen, würde ich mir wieder eine Steuerberatung suchen.

 

Im Zuge der Selbstständigkeit tauchen immer wieder steuerrechtliche Fragen auf, bei denen man eine/-n kompetente/-n Ansprechpartner/-in braucht.

 

Hinzu kommen Aufgaben, die ich nicht selbst übernehmen möchte, weil mir das zu heikel ist: zum Beispiel das Abschreiben größerer Investitionen, wie PC oder Kamera, oder auch das Ausrechnen der Umsatzsteuer, die ich quartalsweise abführen muss. Außerdem fühle ich mich wohler, wenn ich die Einkommenssteuererklärung nicht selbst mache. Jedes Jahr, wenn ich mir die mehrseitigen Unterlagen meiner Steuerberaterin anschaue, weiß ich, dass ich (trotz der nicht unerheblichen Kosten) den richtigen Weg gewählt habe. 

 

Apropos Umsatzsteuer: Bis zu einem Jahresumsatz von 30.000 Euro können Sie sich für die Kleinunternehmerregelung entscheiden und Rechnungen ohne Umsatzsteuer legen. Das hat den Vorteil, dass Sie für Privatpersonen, die die Umsatzsteuer ja in vollem Umfang trifft, günstiger sind. Der Nachteil ist, dass Sie umgekehrt auf der Umsatzsteuer sitzen bleiben, wenn Sie eine Rechnung mit Umsatzsteuer erhalten.

 

Ich habe mich gleich bei der Gründung der Schreibwerkstatt für die Einführung der Umsatzsteuer entschieden. Mir war klar, dass es nur eines gibt: Wachsen! Ein Umsatz in Höhe von 30.000 Euro ist nämlich einfach zu wenig, um davon vernünftig leben zu können: Es bleiben Ihnen von jeder Netto-Einnahme maximal 50 % nach Abzug der Einkommenssteuer und der SVA-Beiträge.

 

Hinzu kommt, dass zu meiner Kundschaft auch Unternehmen gehören und ich es besser finde, ihnen gegenüber nicht als Kleinunternehmerin aufzutreten. Außerdem kann ich als umsatzsteuerpflichtige Unternehmerin Umsatzsteuer, die mir in Rechnung gestellt wird, im Zuge des Vorsteuerabzugs geltend machen.

Wie komme ich zu einer Website?

Post-its mit der Frage Wie komme ich zu einer Website"?

Noch ein Schauplatz, wenn man sich selbstständig machen möchte! Inzwischen bin ich richtig fit in Sachen Website. Als ich beschlossen habe, mich selbstständig zu machen, war ich das nicht. Aber dass ich eine neue Website brauchte und dort auch bloggen wollte, war mir von Beginn an klar.

Noch bevor ich begonnen habe zu überlegen, wie ich zu einer Website samt Blog komme, hatte mich eine Kollegin auf Jimdo aufmerksam gemacht.

 

Ich habe mir Jimdo angeschaut und war begeistert: Ohne fremde Hilfe (folglich auch ohne Geld auszugeben, dazu gleich noch mehr) konnte ich mir eine eigene Website anlegen!

 

Jimdo ist ein Baukastensystem, mit dem man tatsächlich selbst eine Website erstellen kann. Allerdings ist der Funktionsumfang beschränkt und in manchen Punkten ist Jimdo auch heute, fünf Jahre nach der Gründung meiner Schreibwerkstatt, trotz enormer Weiterentwicklung nicht so leistungsstark wie andere Content-Management-Systeme.

 

Hinzu kommt, dass alle Inhalte, die man auf die Website stellt, auf den Servern von Jimdo liegen. Das hat den Nachteil, dass man abhängig von Jimdo ist. Umgekehrt muss man sich – das ist der große Vorteil von Jimdo – nicht um die Datensicherung, die Sicherung gegen Hacker und um Spam kümmern.

 

Würde ich heute wieder eine Jimdo-Seite anlegen? Nein. Heute würde ich meine Website mit WordPress aufbauen (Infos dazu finden Sie hier). Allerdings würde ich das nicht selbst machen. Ich würde

  • mir einen WordPress-Experten bzw. eine Expertin suchen (mein Tipp: Martin Sternsberger von den WP-Stars),
  • gemeinsam mit ihm/ihr das Theme auswählen, das die Optik vorgibt,
  • ihn/sie mit dem Anlegen der Website beauftragen und
  • ihn/sie abschließend um eine Einschulung bitten.

 

Danach würde ich die Website selbst texten und auch technisch pflegen. Dabei hätte ich allerdings den Experten / die Expertin aus der Startphase gerne weiterhin als Anlaufstelle für Spezialfragen und Probleme zur Seite. Denn die – da können Sie sicher sein – tauchen auf jeden Fall auf!

 

Möglicherweise fragen Sie sich jetzt, warum ich denn nicht zu WordPress wechsle. Ich habe inzwischen mehr als 300 Blogartikel auf meiner Website. Die auf WordPress umzuziehen, wäre ein gewaltiger Aufwand, den ich mir nicht antun möchte. Hinzu kommt, dass ich mit Kerstin Fiedler eine Expertin gefunden habe, die mich bei Fragen rund um Jimdo unterstützt. Wir haben an meiner Website intensiv gefeilt, sodass Außenstehende oft gar nicht ahnen, dass hinter ihr Jimdo steht. 

 

Sie sehen schon: Egal, ob Sie nun Jimdo oder WordPress nehmen, kommen Sie nicht umhin, Geld in EDV-Support zu stecken  – zumindest dann nicht, wenn Sie höhere Ansprüche haben und Ihre Website mehr als nur eine statische Web-Visitenkarte sein soll.

Was ich Ihnen sonst noch gerne auf den Weg mitgeben möchte

Alles selbst machen? Vergessen Sie's!

Vergessen Sie die Idee, alles selbst machen zu wollen. Sie haben auf einem bestimmten Gebiet Ihre Expertise, und dieses Wissen verkaufen Sie – sei es in Form von Dienstleistungen oder umgesetzt in Produkte. Es ist unmöglich, auch noch in allen anderen Bereichen, mit denen Sie in Ihrer Selbstständigkeit konfrontiert sind, so fit zu werden, dass Sie die anstehenden Themen qualitätvoll und mit einem überschaubaren Zeiteinsatz meistern können.

 

Suchen Sie sich zumindest bei Ihren größten Schwachpunkten Unterstützung. Oder anders gesagt: Rechnen Sie damit, dass Sie Geld ausgeben müssen, auch wenn Sie noch keines oder nur wenig verdienen. Die Haltung "Ich investiere erst, wenn ich die Investitionen auch von meinen Einnahmen finanzieren kann", bremst unnötig. Kosten und Nutzen abzuwägen ist wichtig. Wer investiert, kommt rascher voran!

Rechnen, rechnen, rechnen!

Im Web werden Sie zig Unternehmen finden, die Sie dabei begleiten, Ihre Leidenschaft zu entdecken, also herauszufinden, mit welcher Geschäftsidee Sie sich selbstständig machen können. Das ist schön, einige dieser Leidenschaftsfindungsprogramme sind mir persönlich aber viel zu abgehoben. Denn Leidenschaft hin oder her: Wenn Sie von Ihrer Arbeit leben müssen, zählt letztendlich doch, was am Ende des Tages übrig bleibt, und das wird in den Programmen oft nicht thematisiert.

 

Ich habe die Schreibwerkstatt im Rahmen von u:start gegründet. Das ist ein Mentoringprogramm der Universität Wien, das Akademiker/-innen auf dem Weg in die Selbstständigkeit unterstützt, und zwar in Form von Wissensvermittlung. Als wir im Hinblick auf den Businessplan durchgerechnet haben, wie viel wir pro Monat einnehmen müssen, um ca. 1.800 Euro herauszubekommen, haben wir damals alle tief durchgeatmet: etwa 4.500 Euro pro Monat. Das sind 49.000 Euro pro Jahr und im Unterschied zum Angestelltendasein ist da kein 13. oder 14. Monatsgehalt dabei!


Mein Tipp: Wenn Sie sich gerade selbstständig machen wollen, rechnen Sie! Oder besser: Erstellen Sie einen Businessplan, auch wenn das niemand, etwa eine Bank, von Ihnen verlangt. Unterlagen dazu finden Sie jede Menge im Web.

 

Sie werden dann möglicherweise auch sehen, dass Sie von den Stundensätzen, die Sie zunächst angepeilt hatten, nicht leben können. Vor allem deshalb, weil Sie ja als Selbstständige/-r nicht vierzig Stunden pro Woche Geld verdienen. Sie werden allerhand Zeit zum Beispiel in die Buchhaltung, vor allem aber auch ins Marketing stecken müssen. Da hilft nur: höhere Stundensätze planen!

Zusammenfassung: Meine Tipps in aller Kürze

  • Gehen Sie auf die SVA und lassen Sie sich im Hinblick auf alle Fragen der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung beraten.
  • Informieren Sie sich bei der WKO, ob Sie einen Gewerbeschein brauchen oder nicht. Zögern Sie nicht, einen Gewerbeschein zu lösen, wenn die Option besteht, denn das hat auch Vorteile.
  • Überlegen Sie sich einen Namen und lassen Sie Ihr Unternehmen ins Firmenbuch (Handelsregister) eintragen.
  • Suchen Sie sich eine gute Steuerberatung.
  • Bauen Sie Ihre Website mit WordPress auf. Holen Sie sich dabei Hilfe. Das spart Zeit und damit Kosten.
  • Fangen Sie erst gar nicht damit an, alles selbst machen zu wollen. Holen Sie sich abhängig von Ihren Schwachpunkten Hilfe.
  • Erstellen Sie einen Businessplan. Die Finanzen sind wichtig, wenn Sie mit Ihrem Business langfristig erfolgreich sein und Freude haben wollen. 

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