Ich möchte bei der Literaturrecherche nichts übersehen

Tipps für eine Literatursuche, bei der dir möglichst nichts entgeht

 

Eine sorgfältige Literaturrecherche ist die wichtigste Basis für jede wissenschaftliche Arbeit, egal, ob es sich um eine Hausarbeit, Bachelorarbeit, Masterarbeit oder Dissertation handelt. Genau genommen freue ich mich, wenn sich Studierende oder Promovierende wünschen, nichts zu übersehen. Denn das bedeutet, dass sie präzise arbeiten möchten!  

 

Manuel hat mir nun folgende Frage gestellt:

Hallo Huberta!

Ich trage gerade den Forschungsstand für meine Dissertation zusammen. Ich recherchiere ausführlich in OPACs und Bibliothekskatalogen. Trotzdem fürchte ich, etwas zu übersehen, was wichtig sein könnte. Sollte mir so etwas passieren, also dass ich ein wesentliches Werk übersehe ... wie schlimm ist das bzw. wie vermeide ich das sicher?

 

Danke dir und liebe Grüße

Manuel

Hier meine Antwort:

Huberta Weigl

Dein Ansatz ist absolut stimmig, lieber Manuel, und zwar vor allem auch deshalb, weil du eine Dissertation schreibst. Hier gelten nochmals andere Qualitätsansprüche als etwa bei einer Bachelorarbeit oder Masterarbeit.

 

Mit deiner Dissertation nimmst du teil am Forschungsdiskurs, und zwar nicht nur zu Übungszwecken. Aus diesem Grund werden Doktorarbeiten ja oft auch publiziert; manchmal besteht sogar eine Publikationspflicht.

  

Wenn ich es richtig sehe, stehst du gerade am Anfang. Du schreibst, dass du den Forschungsstand zusammenträgst. 

 

Okay, dazu ein paar Gedanken und Tipps, die natürlich auch für alle hilfreich sind, die gerade eine Seminararbeit, Hausarbeit, Bachelorarbeit oder Masterarbeit schreiben.

Den Forschungsstand zu Beginn zusammentragen

Am Beginn jeder Bachelorarbeit, Masterarbeit oder Dissertation sollte ein Exposé stehen. Hier beschreibst du, worum es in der Arbeit geht, was die Ziele sind und mit welchen Methoden du arbeitest. Ich halte es für eine gute Idee (vor allem bei einer Doktorarbeit), hier auch den Forschungsstand darzulegen. Schließlich möchtest du ja Forschungslücken identifizieren. 

 

Was du tun kannst, um keine Literatur zu übersehen

1 Definiere Schlagwörter

Finde und definiere für dein Thema relevante Schlagwörter. Sobald du in einem Bibliothekskatalog eine Publikation gefunden hast, die zu deinem Thema passt, klicke auf den Treffer und schau, wie sie verschlagwortet ist. Mache das mehrfach, damit du alle Schlagwörter findest, die zu deinem Thema gehören. Mit diesen Wörtern kannst du dann weitersuchen.

 

2 Nutze nicht nur OPACs, sondern auch Datenbanken

Nutze bitte auch fachspezifische Datenbanken. Sie sind ganz wesentlich, um Zeitschriftenaufsätze zu finden. Wenn du noch nie mit Datenbanken gearbeitet hast (was auf Promotionsniveau eher ungewöhnlich wäre), gilt es, im ersten Schritt herauszufinden, welche Datenbanken für dein Thema relevant sind. Eine Übersicht findest du über das Datenbank-Infosystem (DBIS). Sobald du eine Datenbank gefunden hast, befeuere sie nicht wie wild mit Suchbegriffen, sondern mache dich über die Hilfefunktion erst einmal damit vertraut.

 

3 Setze bei der Literaturrecherche auch auf das Schneeballprinzip

Schaue (vor allem neuere) Literatur bereits in der Phase des Exposéschreibens genau im Hinblick auf die dort zitierte Literatur durch. Das nennt man das Schneeballprinzip.

 

Es ist ganz wesentlich, verschiedene Recherchestrategien miteinander zu kombinieren.

 

4 Werte bitte auch englischsprachige Literatur aus

Da du promovierst, vermute ich, dass du schon ziemlich sattelfest bist in der Recherche, lieber Manuel! Zur Sicherheit (und auch für alle, die diesen Beitrag lesen und vielleicht noch nicht fortgeschritten sind) hier der Hinweis, dass englischsprachige Publikationen ebenso ausgewertet werden müssen wie deutschsprachige.

 

Wenn ein Thema einen länderspezifischen Schwerpunkt hat, dann muss man natürlich auch die Literatur in der landesspezifischen Sprache lesen.

 

Also, wenn jemand über das Gesundheitssystem in Schweden schreibt, muss sie bzw. er zwangsläufig Schwedisch können. Wenn jemand über den Hochaltar des Petersdoms in Rom schreibt, muss sie oder er Italienisch können. Warum? Weil natürlich in den einzelnen Ländern auch dazu geforscht und publiziert wird, und das natürlich in der eigenen Sprache.

Obwohl Englisch die Sprache der Wissenschaft ist, ist ihre Bedeutung in verschiedenen Fachbereichen unterschiedlich.

 

5 Es ist genügt nicht, wenn du dich bei der Literatursuche auf Online-Publikationen beschränkst

In Coachings erlebe ich es oft, dass Studierende nur Publikationen heranziehen, die online greifbar sind. Tatsächlich musst du aber alles auswerten, was für dein Thema relevant ist. Wenn wichtige Forschungsergebnisse auf Papier erschienen sind, musst du die natürlich auch lesen. Das möchte ich zur Sicherheit hier doch gern auch noch ansprechen.

 

6 Fahre auf Konferenzen

Nimm an Tagungen teil, um in Kontakt mit Expertinnen und Experten zu kommen oder zu bleiben, die auf deinem Forschungsgebiet arbeiten. So erfährst du leichter von laufenden Forschungsprojekten. Gerade wenn du promovierst, ist das wichtig. Wenn du selbst die Möglichkeit hast, auf einer Konferenz einen Vortrag zu halten, mach das.

 

7 Nutze Social Media

Auch Social Media, insbesondere Plattformen wie ResearchGate oder Twitter, können für Promovierende hilfreich sein, um am Ball zu bleiben und nichts zu übersehen.

 

Fazit zur Literaturrecherche

Das waren jetzt viele Tipps. Hier nochmals zusammenfassend, was am allerwichtigsten ist, wenn du Literatur suchst:

  • die Definition der richtigen Schlagwörter,
  • die Kombination verschiedener Suchstrategien: Suche in OPACs und Datenbanken plus Nutzung des Schneeballprinzips.

Wenn du das machst, ist es wenig wahrscheinlich, dass du etwas übersiehst, lieber Manuel!

 

Nun ein paar abschließende Hinweise samt Beruhigung!

 

Die Erfassung des Forschungsstandes

Wie wichtig ist das zu Beginn und dann im Laufe der Arbeit?

Gerade bei einer Dissertation ist es wichtig, den Forschungsstand zu den Hauptforschungsfragen früh zu überblicken. Wenn du hier etwas Wesentliches übersiehst, kann es sein, dass du meinst, eine Forschungslücke mit deiner Doktorarbeit zu schließen, die keine ist. Das wäre wirklich ein Problem. Es zahlt sich also aus, hier Zeit zu investieren.

Okay, und wie geht es weiter? Was kannst du tun, um auch am Ende alles Relevante ausgewertet zu haben? 

 

Gerade bei einer Dissertation ist es wichtig, dass die Arbeit zu dem Zeitpunkt, zu dem du sie einreichst, aktuell ist.

 

Da du mehrere Jahre an deiner Dissertation arbeiten wirst, lieber Manuel, wirst du auch laufend nach Literatur suchen. Das sollte oder darf dich wirklich beruhigen und entspannen.

 

Du wirst ständig vertiefende Literaturrecherchen zu einzelnen Themen machen. Das trägt entscheidend dazu bei, dass du nichts übersiehst. Sicherheitshalber kannst du zusätzlich auch immer mal wieder in den verschiedenen Katalogen bzw. Datenbanken gezielt unter den von dir definierten Schlagwörtern nach Veröffentlichungen des laufenden Jahres suchen. So bleibst du am Ball!

  

Weiterführend

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Verfasst am 11.5.2023

 

Abbildungsnachweis (Foto ganz oben und Mitte | Bücherstapel): Shutterstock.com, Stock Photo ID: 60909670, ajt