Das Tagebuch: Ein Begleiter, der immer da ist

Hände mit Stift und einem Tagebuch
Ein Tagebuch, ist ein Gesprächspartner, der 24 Stunden am Tag zur Verfügung steht.

 

In der Schulzeit habe ich Tagebuch geschrieben, doch irgendwann kam der Zeitpunkt, an dem ich uninteressant fand, was ich da zu Papier gebracht hatte. Kein Wunder, ich habe nämlich in erster Linie meine Tage abends schreibend nacherzählt. Fallweise habe ich ein wenig meine Gefühle zum Ausdruck gebracht, aber das war’s auch schon. Als Erwachsene habe ich dann immer wieder Anläufe gemacht, ein Tagebuch zu schreiben. Ich habe mir hübsche Notizbücher gekauft, angefangen, aber bald danach wieder aufgehört. Inzwischen ist das anders: Ich schreibe wieder Tagebuch, nutze mein Tagebuch aber ganz anders als früher.

Mein Tagebuch ist ein vielseitiges Gedankenbuch

Parallel zu meinem Bullet Journal, das ich in erster Linie als Kalender und als Sammlung von Ideen für meinen Beruf verwende, besitze ich ein weiteres A4-Notizbuch von Leuchtturm, in das ich die unterschiedlichsten Dinge notiere:

Interessantes aus Büchern und Artikeln

Ich schreibe mir aus anregenden Büchern und Artikeln Wichtiges heraus und notiere oft auch meine Gedanken dazu. Als Leitfragen dienen mir dabei etwa: Was bedeutet das für mich? Was kann ich hier für mich und mein Leben genau mitnehmen? Auf diese Weise setze ich mich intensiver mit den Büchern auseinander, die ich lese. Damit ich die Notizen auch rasch finde, wenn ich etwas nachschauen möchte, fülle ich übrigens den Index vorne in meinem Leuchtturm-Notizbuch aus, erstelle also ein Inhaltsverzeichnis in meinem Tagebuch.

Cluster zu Fragen, die mich beschäftigen

Das Clustering ist eine Methode, die ich oft nutze, um Ideen zu sammeln und um Klarheit zu bestimmten Fragen zu bekommen. Dabei notiere ich die Frage, um die es mir geht, in die Mitte einer Seite Blattes und kreise sie ein. Danach schreibe ich alles, was mir dazu einfällt, drum herum und kreise es ebenfalls ein. Wenn ich zu einer dieser Assoziationen weitere Assoziationen bzw. Ideen habe, verbinde ich die einzelnen Kreise.

 

Die Anwendungspalette für das Clustering ist unendlich groß. Als ich zu Jahresbeginn beispielsweise einen mehrwöchigen grippalen Infekt hatte und nicht hinauskonnte, habe ich in einem Augenblick der Verzweiflung alles aufgeschrieben, was ich mir auch drinnen in der Wohnung alles Gutes tun kann. Und siehe da: Das war doch allerhand und mehr als ich dachte! Als ich mir das schreibend vor Augen geführt habe, ging’s mir gleich besser.

Ein anderes Thema, zu dem ich in den letzten Monaten geclustert habe, war zum Beispiel: „Was möchte ich in meinem Leben gerne dieses Jahr verändern?“ Nachdem ich alle Ideen dazu notiert hatte, habe ich eine Idee herausgegriffen und mir – natürlich ebenfalls wieder mit einem Cluster – überlegt, wie mir das gelingen kann. Das Schöne am Clustern ist das freie Assoziieren. Plötzlich findet man Lösungen, an die man bislang nicht gedacht hat.

Unzensuriertes Schreiben

Ich schreibe immer wieder völlig spontan und unzensuriert meine Gefühle auf – sowohl positive als auch negative. Diese Art des Schreibens ist absolut befreiend. Da den Text niemand Fremder liest, darf alles sein: ganze Sätze, Halbsätze, auch einzelne Worte. Ich kann Trauer, Wut, Enttäuschung, Aggression, Hoffnung und Freude ausdrücken.

Wenn ich Gefühlen ihren Raum geben möchte, dann ist es für mich wichtig, alles, was mir in den Sinn kommt, in einem Rutsch zu Papier zu bringen. Ich schreibe und schreibe, ohne das Geschriebene zwischendurch zu lesen. Ich schreibe, bis alles gesagt ist, was mich beschäftigt.

Das Schöne daran ist, dass ich im Unterschied zu einem Gespräch mit einem anderen Menschen auf niemanden Rücksicht nehmen muss. Alles ist erlaubt. Und genau deshalb ist unzensuriertes Schreiben etwas Wunderbares, aber nicht nur das. Man lernt sich selbst auch besser kennen, entdeckt Emotionen und Gedanken, von denen man gar nicht geahnt hat, dass sie da sind. Probieren Sie es doch ruhig einmal aus!

Ereignisse des Tages

Natürlich schreibe ich wie in der Kindheit auch heute über die Ereignisse eines Tages – manchmal ohne große Gefühle. Jeder Tag ist anders, und so bin ich meinen Emotionen gegenüber auch einmal mehr und einmal weniger aufgeschlossen.

 

Wenn ich die Ereignisse eines Tages am Abend zu Papier bringe, belasse ich es nicht dabei. Am Ende notiere ich immer ein Fazit, das ich mit „Erkenntnisse des Tages“ bezeichne. Jeder Tag bietet die Chance, etwas zu lernen und sich weiterzuentwickeln. Das macht das Leben in meinen Augen lebenswert und spannend. Oft füge ich dem Punkt „Erkenntnisse“ noch einen „Dafür bin ich dankbar“-Punkt hinzu. Damit enden dann auch nicht ganz so gute Tage mit positiven Gedanken. Das tut gut.

Ohne Druck schreiben

Phasenweise schreibe ich täglich Tagebuch, dann wieder sehr unregelmäßig, also höchstens zwei-, dreimal im Monat. Grundsätzlich mache ich mir mit dem Schreiben keinen Druck, allerdings ist es für mich wichtig, das Tage- bzw. Gedankenbuch immer griffbereit zu haben. So liegt es immer auf meinem Schreibtisch, damit es nicht in Vergessenheit gerät. Es ist eine Art Gesprächspartner, der 24 Stunden am Tag da ist, immer ein offenes Ohr hat und die Möglichkeit bietet, den Kopf frei zu bekommen und die Gedanken zu ordnen.

Viele bunte Stifte in einem Regal

In meinem Tage- bzw. Gedankenbuch gibt es keine künstlerisch anspruchsvollen Skizzen, denn ich kann gar nicht gut zeichnen. Aber ich habe Spaß daran, mit verschiedenen Arten von Stiften und Farben zu schreiben und Wichtiges zu markieren. Das mache ich oft im Nachhinein, wenn ich Geschriebenes nochmals lese und mir überlege, was das nun für mich und mein Leben bedeutet.

Tipps zum Tagebuchschreiben

  • Setzen Sie sich nicht unter Druck. Sie müssen nicht täglich etwas in Ihr Tagebuch schreiben. Schreiben Sie dann, wenn Ihnen danach ist.
  • Lassen Sie Ihr Tagebuch griffbereit liegen. Es ist Ihr stiller Freund, mit dem Sie jederzeit Ihre Gedanken teilen können. Wenn Ihr Tagebuch nicht allzu groß bzw. schwer ist, können Sie es sogar mitnehmen, wenn Sie unterwegs sind. Ich nehme meines zumindest auf Spaziergänge in der Natur immer wieder einmal mit.
  • Variieren Sie in den Texttypen. Schreiben Sie Fließtexte, Satzfragmente oder einfach nur einzelne Wörter. Schreiben Sie Listen, wenn Sie Lust haben, oder clustern Sie. Verwenden Sie, wenn Ihnen danach ist, unterschiedliche Stifte und Farben. Alles, was Ihnen Freude macht, ist erlaubt. Schaffen Sie Freiraum für Ihre Gedanken, experimentieren Sie!
  • Nutzen Sie das Tagebuch als Reflexionsmedium, das Ihnen dabei hilft, Fragen zu klären und sich weiterzuentwickeln. Das gelingt Ihnen dann am einfachsten, wenn Sie nicht nur über die Ereignisse eines Tages und/oder Ihre Gefühle schreiben, sondern am Ende auch notieren, was Ihnen schreibend klar geworden ist („Fazit“, „Erkenntnis“, „Erkenntnisse das Tages“, „Was mir klar geworden ist“). Wenn Sie mit Cluster arbeiten, können Sie am Ende die wichtigsten Assoziationen bunt markieren oder Sie schreiben in ein, zwei Sätzen einfach auch ein Fazit unter Ihr Cluster. Die Leitfrage dafür könnte so lauten: „Wenn ich mir mein Cluster anschaue, wird mir klar, dass …“ 

Mein Fazit

Tagebuchschreiben kann Spaß machen und das Leben bereichern

Es freut mich sehr, dass ich das Tagebuchschreiben (oder besser: Gedankenbuchschreiben) für mich wiederentdeckt habe, denn es macht mir nicht nur Spaß, sondern bereichert mein Leben. Der wichtigste Schritt bei der Wiederentdeckung des Tagebuchschreibens war für mich, das Buch als Freiraum für mich zu betrachten, in dem wirklich alles sein darf.

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