Im Karriereteil der "Presse" beantwortet Nikolaus Koller jeden Samstag in der Rubrik "Perspektivenwechsel" eine Leserfrage. Der heutige Artikel trägt den Titel "Ein Doktorat: Rechnet sich das?" – eine Frage, die "Manager F." gestellt hat. Mit Recht weist Nikolaus Koller darauf hin, dass alle, die "sich rein aus Liebe zu einem Fach weiterbilden" möchten, ruhig eine Dissertation schreiben sollten. Und wer eine akademische Laufbahn plant, muss so und so promovieren. Alle anderen sollten sich das Projekt "Doktorat" gut überlegen.
Nikolaus Koller stellt eine einfache Rechnung an:
Zeit für Familie, Freunde, Hobbys
– Aufwand für das Studium
– Kosten für das Studium (z.B. Studiengebühren, etwaige
Einkommenseinbußen durch eine Reduktion der Arbeitszeit)
+ Bereicherung durch Wissenszuwachs
+ Bereicherung durch neue Kontakte
+ allfällige Gehaltssteigerung
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= Endergebnis
Ein derartiger Zugang zur Frage "Dissertation: ja oder nein?" ist pragmatisch, aber völlig richtig. Er berücksichtigt finanzielle Überlegungen nicht nur auf der Seite der Ausgaben, sondern auch auf der Seite der Einnahmen – ein Punkt, den Dissertationswillige oft außer Acht lassen. Ich persönlich würde ihn übrigens auch den meisten empfehlen, die aus purer Liebe zu einem Fach eine Promotion machen.
Promotion direkt im Anschluss an das Master- bzw. Diplomstudium
Nun hat "Herr F." freilich nicht nur bereits einen Job, er ist sogar Manager! Seine Dissertation wäre – sollte er sie nach der Antwort von Nikolaus Koller tatsächlich in Angriff
nehmen – ein berufsbegleitendes Projekt und ein Projekt, für das ihm ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung stehen.
In einer ganz anderen Situation als "Herr F." befinden sich all diejenigen, die im Anschluss an die Matura studiert haben und nun überlegen, ob sie promovieren sollen oder nicht. Sie haben meist
noch keine Anstellung (zumindest keine, die ihrem Ausbildungsniveau entspricht) und in der Regel haben sie wenig Geld.
Es gibt sicherlich viele Studierende, die eine Promotion beginnen, weil sie wissen, dass sie nur mit dem Doktortitel in der Tasche eine Chance haben, einen Job zu finden. Gleichzeitig gibt es
aber auch Studierende, die aus anderen Gründen eine Dissertation in Angriff nehmen. Sie gehen diesen Schritt, weil sie
- nicht wissen, wohin sie sich beruflich orientieren sollen.
- keinen Job finden.
- Angst vor Veränderungen haben, sich also lieber weiterhin im gewohnten Fahrwasser (Universität) bewegen.
Die Dissertation ist manchmal also nur eine Notlösung – und eine Notlösung ist eben nie optimal!
Was Sie brauchen, wenn Sie eine Dissertation schreiben wollen
Vielleicht überlegen Sie gerade, ob Sie promovieren sollten oder nicht.
Um eine Dissertation erfolgreich zu bewältigen, brauchen Sie 10 Dinge:
- Motivation
- Ausdauer
- Interesse
- Neugier
- die Bereitschaft, sich intensiv mit der Literatur auseinanderzusetzen
- Kritikfähigkeit bzw. die Fähigkeit, Fragen zu stellen
- Verständnis für die Frage, was es bedeutet, eine wissenschaftliche Arbeit zu verfassen und am Forschungsdiskurs teilzunehmen (>>> Plagiate)
- Schreibkompetenz
- nach Möglichkeit ein Umfeld, das Sie unterstützt
- Geld
Denken Sie über Alternativen nach!
Bevor Sie sch für die Promotion entscheiden, denken Sie auch über Alternativen nach. Vielleicht wäre es sinnvoll, sich Wissen anzueignen, das nicht direkt mit Ihrem Studienfach in Verbindung steht, Ihr Know-how aber ergänzt und auf diese Weise Ihren Marktwert in der Berufswelt steigert? In den letzten Jahren ist das Angebot an Postgraduate Bildungseinrichtungen extrem gewachsen. Und wenn Sie bereits in diese Richtung denken, überlegen Sie sich nicht nur, auf welchem Gebiet Sie sich Zusatzwissen aneignen wollen, sondern auch
- wie lange die Ausbildung dauern darf. Also: Wie viel Zeit haben Sie? Wie viel Durchhaltevermögen bringen Sie mit?
- wie viel Budget Ihnen für die Ausbildung zur Verfügung steht.
- welcher Anbieter Ihnen geeignet erscheint. Die Qualität der einzelnen Ausbildungsinstitutionen ist sehr unterschiedlich. Informieren Sie sich unbedingt, ob der Abschluss, den Sie machen, auch anerkannt ist.
Und falls Sie sich letztendlich doch für die Promotion entscheiden ...
Sollten Sie nach sorgfältiger Abwägung aller Vor- und Nachteile letztendlich doch beschließen, ein Dissertation zu schreiben, wählen Sie das Thema sorgfältig aus.
Suchen Sie sich ein Thema, das
- in einer angemessenen Zeit zu bewältigen ist. Sie können eine Dissertation mit 500, aber durchaus auch mit 200 Seiten schreiben. Der Zeitaufwand ist natürlich jeweils ein anderer!
- Ihnen Freude macht und Sie wirklich interessiert. Sich mehrere Jahre mit einem Thema herumzuschlagen, zu dem Sie eigentlich keinen Zugang haben, kann zur Qual werden. Schreibblockaden sind in so einem Fall keine Seltenheit.
- Sie beruflich weiterbringt bzw. Ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessert!
Und wenn Sie sich entschieden haben: Gehen sie den Weg mit Freude! Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass eine Dissertation fordernd ist, die intensive Auseinandersetzung mit einem Thema aber auch sehr viel Spaß machen kann.
Postsekundäre Bildungseinrichtungen in Österreich
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