Vorgestern hat Tanja Praske über den Ablauf der Verteidigung ihrer Doktorarbeit im Fach Kunstgeschichte berichtet und mich via Twitter gefragt, ob ich dazu nicht einen Kommentar schreiben möchte.
Was sagt ihr? @c_n_opitz @MarcMudrak @minuseins @schlawe @AnetteSchlimm @HubertaWeigl - gerne im Blog http://t.co/sgZc05VEqa #disputatio
— Tanja Praske (@TanjaPraske) 7. August 2014
Ich habe mich letztendlich spontan dazu entschieden, einen eigenen Blogartikel zu dem Thema zu schreiben. Hier nun also mein persönlicher Einblick in den Endspurt meiner Dissertation sowie Tipps für alle, die gerade an ihrer Diss. arbeiten.
Meine Doktorarbeit und der stressige Endspurt damals
Während es in Deutschland schon lange üblich ist, dass man die Doktorarbeit präsentieren und verteidigen muss, ist diese Vorgangsweise in Österreich noch verhältnismäßig neu. Als ich 2002 promoviert habe (wie Tanja Praske habe auch ich im Fach Kunstgeschichte meinen Doktor gemacht), musste ich meine Doktorarbeit nicht vorstellen und verteidigen – ich musste eine Prüfung machen.
Das erste Prüfungsthema kreiste im weitesten Sinn um das Thema der Dissertation (ich hatte über die Klosteranlagen des Baumeisters Jakob Prandtauer geschrieben und das Prüfungsgebiet war dann der mitteleuropäische Klosterbau der Barockzeit). Das zweite Thema hatte nichts mit der Dissertation zu tun: Es ging um die französische Malerei des 17. und 18. Jahrhunderts. Festgelegt habe ich beide Themen übrigens lange vor der Prüfung, und zwar als ich mein Dissertationsthema beim Prüfungsamt offiziell eingereicht habe.
Ich habe meine Dissertation im Rahmen einer Assistentenstelle geschrieben. Die Jahre des Promovierens waren sehr spannend, absolut lehrreich, aber auch extrem fordernd. Ich war immer wieder am
Limit dessen, was ich überhaupt leisten konnte.
Ich hatte regelmäßig zwei eigene Lehrveranstaltungen pro Semester, war jedes Semester in zwei Lehrveranstaltungen des Professors dabei, dessen Mitarbeiterin ich war, jedes zweite Semester galt
es, eine Exkursion auf die Beine zu stellen, ich hatte jede Menge organisatorische Dinge zu erledigen, ich habe allerhand publiziert und eben meine Dissertation geschrieben (die am Anfang
übrigens vom Thema her viel zu weit gefasst war). Es waren schöne Jahre (ich war mitten drinnen im Forschungsbetrieb, konnte lehren etc.), aber es war eben auch extrem stressig.
Und stressig war es dann auch, als es um den Endspurt ging. Ich musste zu einem bestimmten Stichtag mit Dissertation und Rigorosum fertig sein (es war, wenn ich mich richtig erinnere, der 15. August 2002), damit meine Assistentenstelle nochmals verlängert wurde. Es ging also um richtig viel, es ging um die berufliche Existenz – und es wurde verdammt knapp! Der Uni-Alltag lief ja neben dem Dissertationsendspurt weiter. So habe ich im Juni zum Beispiel noch eine Exkursionsgruppe meines Professors nach Berlin begleitet. Auf der 10-tägigen Reise war ich für alle organisatorischen Dinge zuständig und musste auch noch ein Referat halten. Dabei war die Diss. noch nicht einmal ganz fertig! An der schrieb ich abends im Hotelzimmer.
Jedenfalls habe ich die Diss. dann Mitte Juli abgegeben und dann ging’s ans Lernen. Diesen Stress möchte ich nie mehr wieder in meinem Leben erleben! Zwei derartig große Themen in einem Monat zu lernen – ein verrücktes Unterfangen. Nun, für das Klösterthema habe ich nicht mehr allzu viel getan, da wusste ich ja schon ganz gut Bescheid, die französische Barockmalerei war für mich jedoch ein neues Thema. Und so habe ich mich notgedrungen darauf konzentriert, die wichtigsten Künstler und ihre Werke, Strömungen und historischen Hintergründe zu erfassen.
Das hat sich dann letztendlich auch bezahlt gemacht. Ich wusste bei der Prüfung nicht alles, aber ich konnte argumentieren. Ich hatte die großen Zusammenhänge verstanden – und darauf kam es an. Zudem hat sich – nach anfänglicher Verzweiflung – bei mir wenige Tage vor der Prüfung die beruhigende Gewissheit eingestellt, dass ich in der kurzen Zeit das Bestmögliche getan habe, und das musste einfach reichen.
Ich bin, und das war sicherlich auch ein Erfolgsfaktor, letztendlich bei der Prüfung doch recht selbstbewusst aufgetreten. Das macht sehr viel aus, wobei ich den Vorteil hatte, dass ich ja mehrere Jahre bereits an der Uni gelehrt und auch Vortragserfahrung gesammelt hatte. Vor anderen zu sprechen, Standpunkte zu vertreten etc. war für mich nicht neu.
Doktoranden heute
Das Rigorosum
Wer heute nach der neuen Studienordnung in Wien promoviert, sieht sich einer anderen Situation gegenüber als ich damals. Aber auch jetzt ist Souveränität im Auftritt gefragt. Worum geht es noch?
- Sie sollten in der Lage sein, ein umfassendes Thema in kompakter Form in Wort und Bild zu präsentieren (PowerPoint oder Prezi – ich würde Letzteres verwenden, weil es in Uni-Kreisen nicht so verbreitet ist und man damit sicherlich oft noch für einen Überraschungseffekt sorgen kann).
- Halten Sie keine Stegreifrede, sondern formulieren Sie Ihren Text aus – egal, ob Sie ihn dann vorlesen oder frei sprechen.
- Schreiben Sie keinen „Aufsatz“ mit langen, verschachtelten Sätzen, sondern packen Sie Ihre Überlegungen in möglichst kurze Sätze. Recyceln Sie nicht Textpassagen aus Ihrer Dissertation, sondern schreiben Sie einen Text, der für den Anlass maßgeschneidert ist.
- Gehen Sie auf das Gutachten ein, „verteidigen“ Sie Ihre Thesen. Wenn Sie allerdings feststellen, dass der eine oder andere Kritikpunkt in dem Gutachten zu Recht besteht, dann greifen Sie die Gedanken Ihrer Gutachter auf und nehmen Sie dazu Stellung, verteidigen Sie sie aber nicht aufs Geratewohl. Gehen Sie offen und ehrlich mit Kritik um.
- Proben Sie Ihre Präsentation, und zwar mehrfach. Sprechen Sie dabei laut und stoppen Sie die Zeit. Optimal ist es, wenn Sie Ihren Vortrag so planen, dass Sie ca. zwei Minuten kürzer sprechen als die vorgesehene Redezeit.
Die Zeit des Promovierens: Chance zum Wachstum & Netzwerken
Letztendlich können Sie sich während der Arbeit an Ihrer Diss. bereits auf das Rigorosum vorbereiten. Tanja Praske hat in ihrem Artikel wichtige Punkte angesprochen und etwa darauf hingewiesen, dass ein Blog (z.B. auf der Plattform Hypotheses) eine gute Möglichkeit ist, frühzeitig Teilergebnisse vorzustellen und sich mit anderen DoktorandInnen bzw. ForscherInnen darüber auszutauschen. Auf diese Weise schulen Sie Ihre Schreibkompetenz und lernen, Ihren Standpunkt zu vertreten, allenfalls auch einmal zu revidieren. Darüber hinaus erweitern Sie über den Blog Ihr Netzwerk, was sowohl für die Stellensuche als auch das Berufsleben allgemein nützlich ist.
Die meisten BetreuerInnen bieten Kolloquien bzw. Privatissima an. Dabei treffen sich die Magistranden und Dissertanten einer Professorin bzw. eines Professors und jedes Mal stellt jemand seine Magister- oder Doktorarbeit vor. Anschließend wird dann darüber diskutiert. Ich bin bereits lange vor der Arbeit an meiner Magisterarbeit in ein solches Kolloquium bzw. Privatissimum gegangen und habe niemals wieder methodisch so viel gelernt wie dort (fachlich und im Hinblick auf die Präsentation). Ich habe genau zugehört und mir bei jedem Vortrag überlegt, was ich gut gefunden habe und für mich übernehmen könnte und was ich anders machen würde.
Achten Sie darauf, dass Sie während der Arbeit an der Diss. nicht vereinsamen! Suchen Sie den Kontakt zu anderen Dissertanten und sehen Sie sie nicht als Konkurrenten (ja, manche Studierenden tun das doch tatsächlich), sondern als Mitstreiter. Treffen Sie sich regelmäßig, tauschen Sie sich aus, lesen Sie einzelne Kapitel gegen. Die meisten Studierenden haben eine große Scheu, Unfertiges aus der Hand zu geben, dabei ist Feedback auch bei unausgegorenen Gedanken eine unglaublich wertvolle Sache!
Suchen Sie gezielt nach Tagungen, auf denen Sie den einen oder anderen Aspekt Ihrer Dissertation vorstellen können. Haben Sie keine Scheu, mit Ihrem Thema an die Öffentlichkeit zu gehen!
Wenn Sie wenig geübt im Sprechen vor Gruppen sind, suchen Sie sich Unterstützung. Es gibt in jeder Uni-Stadt Anbieter von Präsentationstrainings. Sie werden von so einem Training nicht nur für das Rigorosum profitieren, sondern auch für Ihr weiteres Berufsleben.
An manchen Unis gibt es Schreibzentren o.Ä. Nutzen Sie das Angebot, das zumeist wenig kostet oder sogar gratis ist. In Wien gibt es das DoktorandInnenzentrum, das ein breit gefächertes Angebot hat.
Wenn Sie Lust haben, können Sie gerne auch in meine Schreibgruppe für StudentInnen auf Facebook kommen. Auch dort gibt es Unterstützung und Sie können sich mit anderen vernetzen.
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