Schreiben im Studium: Der Umgang mit zu hohen Ansprüchen

Wie du mit weniger Druck und mehr Ruhe deine Uni-Arbeit schreibst

Mädchen vor PC sitzend

 

Viele Studierende stehen unter einem enormen Leistungsdruck. Oft ist der Druck zu einem guten Teil selbst gemacht und oft hat er aber auch mit zu hohen Ansprüchen an sich selbst zu tun. Zu hohe Ansprüche im Studium, vor allem beim Schreiben einer Hausarbeit, Studienarbeit, Bachelorarbeit, Masterarbeit oder Dissertation, sind wiederum nicht immer leicht zu erkennen.

 

Sie verbergen sich hinter Formulierungen wie zum Beispiel diesen: 

  • Ich habe keine Zeit ...
  • Ich habe noch nicht alle Literatur gelesen ...
  • Ich muss vorher noch ...

 

Und "ich muss vorher noch" heißt dann oft: Netflix schauen, Instagram checken, auf Facebook etwas machen, eine WhatsApp-Nachricht verschicken etc.

Hohe Ansprüche bei der Hausarbeit, Bachelorarbeit, Masterarbeit oder Dissertation können eine Schreibblockade auslösen.

Okay, das ist jetzt nichts Neues! Was aber kannst du gegen zu hohe Ansprüche bzw. übersteigerten Leistungsdruck tun?

 

In einem ersten Schritt ist es gut, herauszufinden, woher deine hohen Ansprüche kommen. Den "guten Grund" für deine Schreibblockade zu kennen ist sehr hilfreich. Lass uns daher an dieser Stelle einmal auf deine innere Stimme schauen, die da ständig Druck macht. Was sagt diese Stimme und wieso ist sie überhaupt da? 

 

Die unfreundliche Stimme in uns

Oft sagt die Stimme Sätze wie diese:

 

Ich muss es richtig gut machen! 

Ich genüge nicht.

Wenn ich keine gute Note bekomme, habe ich versagt.

Ich muss alles alleine schaffen, ohne Hilfe.

Ich habe Angst, mich zu blamieren.

Wenn ich nicht perfekt bin, werde ich abgelehnt.

 

Sätze wie diese haben oft mit unserer Geschichte zu tun, genau gesagt mit unserer Kindheit. Manchmal zeugen die Sätze ganz allgemein von der Atmosphäre, in der wir aufgewachsen sind, manchmal stehen sie in sehr engem Bezug zu dem, was uns unsere Eltern oder andere Bezugspersonen (auch: Lehrerinnen und Lehrer) vermittelt oder gesagt haben.

 

Die direkt oder indirekt vermittelten Botschaften können zum Beispiel so gelautet haben: 

 

Streng dich an! Mach weiter.

Hab dich nicht so. Das wirst du doch wohl schaffen!

Das wirst du doch alleine können!

Mach mir keine Schwierigkeiten, ich hab so schon genug zu tun.

Belaste mich nicht (ich habe mit mir selbst / der Partnerin bzw. dem Partner / der Scheidung etc. schon genug zu tun).

Ich kann nicht für dich da sein. Das musst du alleine machen.

Wenn du nicht funktionierst, dann belastest du mich.

Wenn du nicht gut lernst, bist du mir eine zu große Last.

Mach du mir jetzt nicht auch noch Schwierigkeiten! 

 

Das Thema ist wirklich ein sehr großes. Genau genommen geht es hier nämlich um Bindungs- und Entwicklungstraumata (eine Form der Traumatisierung, die viele Menschen nicht kennen, weil sie bei dem Begriff "Trauma" nur an Schocktrauma infolge eines Überfalls, Unfalls etc. denken). Bindungs- und Entwicklungstraumata können zu hohen Ansprüchen an sich selbst und in der Folge dann zu Schreibblockaden führen.

 

Bleiben wir an dieser Stelle bei unserer inneren Stimme, die so unfreundlich mit uns spricht. Was hat es mit der eigentlich auf sich?

 

Introjekte

Wenn wir wie unsere Eltern oder wie andere nahe Bezugspersonen mit uns sprechen, handelt es sich um ein sogenanntes Introjekt. Wir haben uns die Anschauungen, Werte oder auch Normen unserer Eltern oder anderer Bezugspersonen zu eigen gemacht. Sie sind Teil von uns selbst geworden. Das passiert ganz unwillkürlich und dann treiben wir uns wie unsere Eltern an, haben das Gefühl, alles alleine machen zu müssen, sagen uns unfreundliche Dinge.

 

Für mich war es eine harte und zugleich gute Erkenntnis, als ich irgendwann gemerkt habe, dass diese unfreundliche Stimme in mir gar nicht meine eigene ist. Das war der erste Schritt, um diese Stimme loszulassen bzw. zu wandeln.

 

Wie kann das funktionieren?

 

Schritt 1: Hör dir selbst einmal zu!

Was ist das für eine Stimme? Deine oder eine übernommene? Wie freundlich oder unfreundlich ist sie? Kennst du diese Worte aus deiner Kindheit, zeugen sie von der Atmosphäre, in der du aufgewachsen bist?

 

Hör dir selbst zu, nimm dir Stift und Papier und notiere, was du dir selbst sagst. Schreibe drei Tage lang immer wieder mal auf, was das für Sätze sind.  

 

Würdest du so mit jemandem sprechen, dem du wohlwollend begegnest und den du bei einem Schreibprojekt begleiten möchtest? Würde so eine Fußballtrainerin oder ein Fußballtrainer mit dem Team vor einem Match sprechen, um es bestmöglich auf das Spiel einzustimmen?

 

Schritt 2: Anerkenne die Funktion dieser Stimme.

Diese Stimme hatte einst eine wichtige Funktion: Oft hat sie dafür gesorgt, dass wir uns innerhalb des Familiensystems angepasst haben, was überlebensnotwendig war. Möglicherweise hat die Stimme auch heute noch eine Funktion. Vielleicht sorgt sie zum Beispiel heute dafür, dass du trotz Momenten des Frusts weitermachst.

 

Die harte Stimme in uns darf Raum bekommen. Sie wegmachen zu wollen, bringt nichts. Das funktioniert nicht. Es ist gut, wenn wir ihr zuhören und uns klarmachen, welche Funktion sie vielleicht einst hatte und auch heute hat. Wir sollten ihr aber nicht durchgängig das Wort erteilen, sondern können uns stattdessen jeden Tag aufs Neue dazu ermutigen, die freundliche Stimme in uns zu nähren, die Stimme, die uns ermuntert.

 

Weitere Tipps, wenn du hohe Ansprüche an dich hast

Für mehr Gelassenheit beim Schreiben deiner Hausarbeit, Bachelorarbeit, Masterarbeit oder Dissertation

  • Schreibe über deine Ängste (Freewriting eignet sich besonders gut, um Leistungsdruck abzubauen). Welche Stimme ist das, die dir so viel Druck macht? Was genau brauchst du? Könntest du dir das vielleicht selbst geben? Was macht dir konkret Sorgen? Was befürchtest du im schlimmsten Fall? Was ärgert dich? Nimm dir Stift und Papier und schreibe zu jeder dieser Fragen. (Sie hier nur zu lesen bringt wenig!) 
  • Falls du dich gern mit anderen vergleichst, überlege mal, warum du das machst. Welche Funktion hat das Vergleichen? Übrigens haben auch andere Studierende meistens Schreibprobleme, nur sprechen sie häufig nicht darüber. Denk dran, dass nur du diese Uni-Arbeit schreiben kannst und dass du einzigartig bist. Deine Freunde oder Kolleginnen und Kollegen leben ein anderes Leben, sie leben in anderen Umständen (Eltern, Partnerin bzw. Partner, Wohnung etc.), haben andere Prägungen in der Kindheit erlebt, haben einen anderen Körper etc. Du bist du und das Vergleichen bringt wenig.   
  • Sprich mit deiner Betreuerin bzw. deinem Betreuer und kläre ab, was genau von dir erwartet wird. Das meine ich ernst! Hab den Mut und frag nach! Ich habe zehn Jahre an der Uni Wien als Assistentin gearbeitet und kann dir sagen, dass viele Betreuerinnen und Betreuer ein offenes Ohr für solche Fragen haben. Du musst sie nur stellen!
  • Hab im Auge, dass du nur eine Seminararbeit und keine Bachelorarbeit / nur eine Bachelorarbeit und keine Masterarbeit / nur eine Masterarbeit und keine Dissertation / nur eine Dissertation und keine Habilitation schreibst. Also, lass, wenn es irgendwie geht, die Kirche im Dorf. :) 
  • Taste dich über eine erste Rohfassung und mehrere Zwischenfassungen sukzessive an das Endergebnis heran. Niemand schreibt sofort einen druckreifen Text.
  • Fange immer mit dem Kapitel an, zu dem du schon viel weißt und/oder das dich am meisten interessiert. Fange also auf keinen Fall mit der Einleitung an. Ein Schreiberfolg zu Beginn deiner Seminararbeit, Bachelorarbeit, Masterarbeit oder Dissertation ist ganz wichtig!
  • Erarbeite einen realistischen Zeitplan (inkl. Pufferzeit). Schwindle dich nicht ständig an, wenn du Zeitpläne für deine Uni-Arbeit schmiedest.
  • Arbeite in kleinen Etappen. Jeder kleine Schritt bringt dich voran. Würdige diese kleinen Schritte.
  • Fange früh mit dem Schreiben an. Warte nicht, bis du das gesamte Material zusammengetragen hast. Gründliches Recherchieren ist wichtig, aber es sollte kein Vorwand werden, das Schreiben hinauszuschieben.
  • Schreibe unbedingt ein Exposé!
  • Hol dir externe Hilfe, wenn du nicht vorankommst. Ich selbst biete in der Schreibwerkstatt Online-Coachings an.

Zu hohe Ansprüche und Leistungsdruck verschwinden nicht sofort

Sei mit dir geduldig, behandle dich freundlich!

Wenn du hohe Ansprüche an dich und deine Arbeit hast, wirst du sie nicht von einem Tag auf den anderen ablegen. Überlege dir, welcher Tipp dir in der aktuellen Situation am meisten helfen könnte. Greife dir eine Anregung heraus und setze sie um. Auch bei Veränderungen gilt nämlich: einen Schritt nach dem anderen und realistische Erwartungen!

 

Ich selbst schreibe übrigens regelmäßig nur für mich und führe schreibend innere Dialoge, die mir guttun. Schreiben entlastet die Seele, weil wir damit dem, was in unserem Inneren ist, Ausdruck geben.  

 

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Verfasst am: 13.7.2012. Zuletzt aktualisiert am  22.2.2023.

 

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